Plastik für alles und jeden

Am Mittwoch eröffnete die weltweit größte Kunststoff-Messe in Düsseldorf. Die Branche ist auf Wachstum gepolt.

Düsseldorf. Die Welt ist aus Plastik. Das zeigt die am Mittwoch eröffnete Kunststoffmesse K 2007 in Düsseldorf. Vorbei sind die Zeiten, in denen es chic war, Plastikverpackungen direkt im Supermarkt zu entsorgen, und Umweltschützer am liebsten gleich mit der Tupperdose zur Wursttheke gegangen wären. Duales System, Pfand auf PET-Flaschen und umweltverträglichere Chemikalien in Kunststoffen haben diese auch in umweltbewussten Haushalten en vogue gemacht, heißt es in der Branche. Als Verpackungsmaterial für Getränke hat PET in Deutschland mit 38 Prozent die Glasflasche von Platz 1 verdrängt. Sie muss sich mit 27 Prozent Marktanteil geschlagen geben. Die einst als Öko-Killer verschrienen Produzenten, Verarbeiter und Anbieter werben heute sogar mit Schlagworten wie Ressourcenschonung, Umweltschutz und Klimabewusstsein. "Wir forschen an leichterem Material für Autos. Das senkt den Spritverbrauch", erklärt etwa Frank Rothbarth von Bayer Material Science. Der Prototyp eines Zweizylinders mit 750 Kubikmeter Hubraum in Halle 6 wirkt zwar eher wie eine Formel 1-Karosse in durchsichtiger Leichtbauweise, soll laut Bayer aber auch nur zeigen, wohin die Reise geht. Mit Windschutzscheiben aus Polycarbonat ließe sich der Kohlendioxidausstoß verringern - so läuft die auf Wachstum gepolte Branche für ihre selbst vorausgesagte "rosige Zukunft" Reklame. Die Hersteller verbessern, verfeinern und forschen, sind ausgeschwärmt auf polymere Entdeckungsreise, um ihre Kunststoffe dorthin zu tragen, wo sie derzeit noch nicht zu finden sind. 2005 gingen noch 33 Prozent der Kunststoffproduktion in Deutschland in die Verpackung, 23,5 Prozent auf Baustellen. Längst aber haben die Erzeuger auch die Bereiche Möbel, Landwirtschaft, Haushalt und Medizin in den Blick genommen. Die Branche ist überzeugt von den guten Eigenschaften ihrer Entwicklungen, wirbt mit Formbarkeit, Belastbarkeit, Vielseitigkeit und gegenüber anderen Materialien günstigen Herstellungskosten.

Leistungsstarker Alleskönner, kein billiges Ersatzmaterial

Die Kunststoffler wollen abkommen vom Image des billigen Ersatzmaterials hin zum leistungsstarken Alleskönner - und längst gibt es Beispiele: holografische Datenträger in Form von CDs mit Speicherkapazitäten von 300 Gigabyte, leistungsstarke LED-Scheinwerfer, Solarzellen, die das Haus zugleich gegen Wärmeverlust dämmen, und transparente Kunststoff-Wagendächer als Alternative zum herkömmlichen Schiebedach. Selbst die Sicherheitskappen in Arbeitsschuhen müssen nicht mehr aus Metall sein. Und statt auf Glas setzt China beim Bau des Daches über dem Olympiastadion Shenyang auf Makrolon-Platten. Kunststoff, das ist die Nachricht einer weltweit expandierenden Branche, soll noch stärker als schon jetzt Materialien des Alltags ablösen. Allein in Deutschland bilanzierten die Erzeuger 2006 ein Umsatzplus von 6,1 Prozent auf 22,2 Milliarden Euro. Die Menge des produzierten Materials stieg um 2,7 Prozent auf 18,5 Millionen Tonnen. Wiederzufinden ist das zum Teil in noch ungewohnten Dingen: In Badezimmern gibt es mittlerweile beleuchtete Plastik-Pinzetten, in Gärten hängen Vogelhäuschen aus Luran S. Und selbst die einst von Pappschalen vertriebene Schaumstoffdose für Sandwiches findet ihren Weg zurück in die Fast-Food-Restaurants.

Kunststoff trifft den Geist der Zeit, und darüber freut sich auch der Münchener Designer Konstantin Grcic. Sein Stuhl-Modell "Myto" aus Ultradur, gestern erstmals präsentiert, macht diese Welt aus Plastik nun noch ein bisschen polymerer.

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