Pflichtversicherung gegen Hochwasserschäden — Ja oder Nein?

Viele von der Flut Geschädigte sind nicht versichert — auch, weil die Assekuranz Schutz verweigern darf.

Berlin. Nach dem verheerenden Hochwasser stehen viele Menschen vor den Trümmern ihrer Existenz. Oft fehlt der nötige Versicherungsschutz. Um die finanziellen Folgen künftig besser abfedern zu können, fordern die Justizminister der Länder und Wirtschaftsforscher eine Pflichtversicherung gegen Naturkatastrophen. Die Versicherungsbranche lehnt das strikt ab. Die Hintergründe:

Eine Gebäudeversicherung kommt für Schäden durch Rohrbrüche, Blitz oder Sturm auf, nicht aber für Schäden, die durch Naturkatastrophen ausgelöst werden. Diese Elementarschäden etwa in Folge von Lawinen, Vulkanausbrüchen oder eben Überflutungen werden durch Zusatzversicherungen abgedeckt, der Elementarschadenversicherung. Genau die haben aber nur wenige Hausbesitzer abgeschlossen.

Viele Hausbesitzer sehen kein Risiko für sich und sparen sich den Extraschutz. Oder die Häuser liegen in einer gefährdeten Zone. Dann steigen der Preis für die Zusatzversicherung und oft auch der Selbstbehalt, den die Versicherten zahlen müssen. Das schreckt viele ab. In extrem gefährdeten Bereichen, direkt an einem regelmäßig Hochwasser führenden Fluss etwa, ist ein Abschluss zudem manchmal gar nicht möglich.

Die Befürworter wie das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung und die Justizminister der Länder sehen eine Gerechtigkeitslücke. Sie argumentieren, dass hohe Prämien und Selbstbehalte die Versicherung für diejenigen zu teuer mache, die den Schutz am nötigsten bräuchten. Trete dann der Schaden ein, müsste mit Spenden oder staatlichem Geld geholfen werden. Gerechter sei es, die Kosten auf alle Versicherten umzulegen.

Die Versicherungswirtschaft argumentiert ebenfalls mit der Gerechtigkeit. Es sei ungerecht, wenn Menschen, deren Häuser gut geschützt liegen, für das Risiko derjenigen aufkommen, die Blick auf ein Flussufer haben. Die Pflichtversicherung würde den Anreiz nehmen, in den Hochwasserschutz zu investieren. Zudem würde sie den Bau neuer Häuser in Risikogebieten fördern, weil sowieso gezahlt werde. Stattdessen fordert die Branche, in gefährdeten Gebieten nicht zu bauen und mehr in den Hochwasserschutz zu investieren.

“ Tagesthemen S. 4

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