Papademos warnt vor „unkontrollierbarer Staatspleite“

Athen (dpa) - Griechenlands Ministerpräsident Lucas Papademos hat erneut eindringlich vor einer „unkontrollierbaren Staatspleite“ gewarnt und die Gewerkschaften zu mehr Sparanstrengungen aufgefordert.

Die Arbeitnehmer müssten weitere Lohnkürzungen hinnehmen, um die Sparziele zu erfüllen.

Andernfalls „laufen wir Gefahr, bald nichts mehr zu haben“, sagte Papademos bei einem Treffen mit Vertretern der Gewerkschaften. Seine Regierung will neue Regelungen einführen, um Steuern einzutreiben. „Die nächsten drei Monate sind kritisch für den Kurs der griechischen Finanzen“, sagte Papademos vor seinem Ministerrat, wie sein Büro am Donnerstagabend mitteilte.

Die Angst ist in Athen groß, denn Mitte Januar kommen die internationalen Finanzkontrolleure erneut nach Griechenland, um über die Sparfortschritte zu befinden - als Voraussetzung für weitere Milliarden-Kredithilfen. Aus diesem Grund trat am Donnerstagnachmittag der Ministerrat zusammen, um neue Sparmaßnahmen und Maßnahmen zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung zu beschließen.

Die EU-Kommission zeigte sich zuversichtlich, dass Griechenland im März die nächste Kredittranche internationaler Geldgeber von fünf Milliarden Euro erhält. Eine Verzögerung sei aber nicht ausgeschlossen, falls die Sparvorgaben von der Regierung nicht eingehalten werden, sagte ein Sprecher der EU-Behörde am Donnerstag in Brüssel. „Wir werden sehr hart bei der Umsetzung sein.“ Bei den genannten Zahlen handelt es sich um Milliarden aus dem alten Hilfsprogramm von 110 Milliarden Euro, das aber nicht ausreicht. Athen benötigt aufgrund seiner desolaten Lage ein neues Hilfsprogramm, das bereits grundsätzlich beschlossen ist, 100 Milliarden Euro umfasst und das alte ablösen soll.

Entscheidend ist, ob der geplante Schuldenschnitt, über den seit Monaten verhandelt wird, über die Bühne geht. Auf dem Euro-Gipfel am 26. Oktober hatten sich Gläubiger-Banken Griechenlands zu einem freiwilligen Schuldenschnitt von 50 Prozent bei griechischen Staatsanleihen bereiterklärt. „Wenn diese Verhandlungen erfolgreich abgeschlossen sind, dann fällt eine große Last von unseren Schultern“, sagte Papademos dem Ministerrat.

Zudem sind noch härtere Sparmaßnahmen nach Aussagen von Papademos unabdingbar. Seinem Büro zufolge hat er gegenüber den Gewerkschaftsvertretern keinen Hehl daraus gemacht, dass sonst eine „unkontrollierbare Staatspleite“ die Konsequenz sei.

Die Regierung Papademos will bald ein neues Spar- und Reformpaket vom Parlament billigen lassen. Die säumigen Steuerschuldner sollen hart verfolgt werden. Es sind aber auch günstige Regelungen für willige Steuerschuldner vorgesehen. Sie sollen die Möglichkeit erhalten, in 60 Monatsraten, also innerhalb von fünf Jahren, ihre Schulden an den Staat abzubezahlen. Die Steuerfahndung, die bislang wenig effizient war, soll in dem Sinne verschärft werden, dass sie auch Privaten überlassen wird. In der Regel sollen es Rechtsanwälte sein, die gegen größere Steuerschuldner vorgehen sollen.

Die Gewerkschaften wollen weiter Widerstand gegen weitere Sparmaßnahmen leisten. Giannis Panagopoulos, Präsident des Gewerkschaftsverbandes des privaten Sektors (GSEE), lehnte Lohnkürzungen erneut ab. Er sprach sich auch gegen die Abschaffung des Mindestlohnes und des Weihnachtsgeldes sowie der in Griechenland noch bestehenden 13. und 14. Monatsgehälter im privaten Sektor aus. „Wenn der Mindestlohn von 750 Euro angeschafft wird, dann können wir gleich zur Drachme zurückkehren“, sagte Panagopoulos im Fernsehen.

Papademos hatte angesichts der anstehenden Kontrolle durch die internationalen Geldgeber mit den Führungen der Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände gesprochen. Die aus Vertretern der EU, des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Europäischen Zentralbank (EZB) bestehende Experten-„Troika“ wird Mitte Januar in Athen erwartet. Die erste Forderung der „Troika“ ist nach Informationen der griechischen Presse, dass es Lohnkürzungen auch im privaten Sektor geben soll.

Nach Darstellung der griechischen Regierung werden bis Mitte März alles in allem Finanzhilfen in Höhe von 89 Milliarden Euro von Athen benötigt. In dieser Summe sind nach Angaben des Finanzministeriums auch die Folgen des Schuldenschnitts (30 Milliarden Euro) enthalten sowie die Rettung griechischer Banken und Rentenkassen (39 Milliarden Euro), Mitte März auslaufende griechische Staatsanleihen über 14,4 Milliarden Euro und weitere Gelder (knapp sechs Milliarden) für den griechischen Staat.

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