Nach Schneechaos: Mehr Geld für Straße und Schiene

Berlin (dpa) - Der harte Winter macht es möglich: Nach dem Schneechaos mit ausgefallen Zügen und Flugzeugen sowie verstopften Autobahnen sollen Schiene und Straße mehr Geld erhalten.

Die EU-Kommission drängt außerdem die Luftfahrtbranche zu Konsequenzen aus den Schwierigkeiten mit zehntausenden Flugausfällen in der Vorweihnachtszeit. „Der Winter kommt jedes Jahr, und wir sollten auf ihn vorbereitet sein“, sagte EU-Verkehrskommissar Siim Kallas am Mittwoch nach einem Treffen mit Managern mehrerer europäischer Großflughäfen.

Kallas betonte, es sei in Mitteleuropa außergewöhnlich, wenn 30 Zentimeter Schnee fallen. „Aber wenn ein Zentimeter Schnee liegt und trotzdem Flugstreichungen mitgeteilt werden müssen, betrachte ich das als inakzeptabel“, sagte er. Dringend nötig sei es, die Passagiere bei Störungen besser zu informieren und zu betreuen. Der harte Winter habe Schwächen des Systems offengelegt. Nach EU-Angaben fielen wegen der jüngsten Winterprobleme in Europa 35 000 Flüge aus, mehr als im ganzen Jahr 2009. Tausende Reisende saßen fest, Koffer blieben liegen. Bis zum Herbst sollten Flughäfen, Airlines und Dienstleister Standards für Schnee-Notfallpläne erarbeiten, damit sich die Probleme nicht wiederholten.

Bei der Bahn muss nach den Winterproblemen mehr in die Schieneninfrastruktur investiert werden. Darüber sind sich Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) und die Bundestagsparteien einig. Der Minister betonte jedoch angesichts des härtesten Dezembers seit rund 40 Jahren: „Es kann keinen Vollkaskoanspruch gegen Unwetter geben.“ Ein bei extremen Wetterbedingungen weitgehend reibungslos funktionierendes Verkehrssystem gebe es nicht zum Nulltarif. Ramsauer wies im Verkehrsausschuss des Bundestags zudem auf lange Ausschreibungsfristen hin, die eine schnelle Ersatzbeschaffung unmöglich machten.

Ramsauer kündigte an, es solle verstärkt in rollendes Material, also neue Züge, investiert werden. Nur so kann seiner Auffassung nach langfristig die Einhaltung des Fahrplans auch bei widrigen Wetterverhältnissen sichergestellt werden. Auch zur Beseitigung von Winterschäden sollen 2011 rund 2,2 Milliarden Euro in Bundesstraßen und Autobahnen investiert werden.

Im Personenverkehr sei die Pünktlichkeit im Dezember zeitweise unter 70 Prozent gesunken, betont Ramsauer in seinem Bericht zur Verkehrslage im Winter. Im Güterverkehr sei die Pünktlichkeit auf 49,1 Prozent bei der Ankunft gesunken. Die Konsequenz aus deutlich mehr Investitionen in Netz, Werkstätten und Züge könnte sein, dass die Börsenpläne der Bahn vorerst auf Eis gelegt werden müssten.

Ein Börsengang der Bahn ist für Kanzlerin Angela Merkel (CDU) angesichts der Schwierigkeiten vorerst ohnehin vom Tisch. „Es bleibt ein Ziel, aber die Bürger haben für dieses Ziel kein Verständnis, solange die Bahn die Bürger nicht davon überzeugt, dass und wie sie die Schwierigkeiten schnell bewältigt, die zum Beispiel um die Weihnachtszeit aufgetreten sind“, sagte Merkel dem Magazin „Stern“.

Nach der Beratung zu den Winterverkehrsproblemen sagte der Vorsitzende des Verkehrsausschusses, Winfried Hermann (Grüne): „Ich war selbst überrascht, dass Union und FDP unsere seit Jahren vorgetragenen Forderungen nun teilen.“ Die Grünen fordern einen Abschied von den Börsenplänen und eine Konzentration auf den Verkehr im Inland. Der verkehrspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Patrick Döring, sagte, ohne ein massives Investitionsprogramm seien die Probleme nicht zu lösen.

Merkel will dennoch nicht auf die 500 Millionen Euro pro Jahr verzichten, die die Bahn als Dividende an den Bundeshaushalt abführen soll. „Am Haushalt 2011 ändern wir nichts mehr. Und die Bahn kann ihre Probleme auch nicht in einem Jahr überwinden.“

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