Düsseldorf Modehandel: Heiße Tage, schlechte Zahlen

Extrem hohe Rabatte sollen Kunden anlocken. Händler unzufrieden mit dem ersten Halbjahr.

Düsseldorf: Modehandel: Heiße Tage, schlechte Zahlen
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Düsseldorf. Sale, Sale, Sale: Die Modehändler locken derzeit wieder mit Preisreduzierungen von 50, 60 oder gar 70 Prozent. Und die Verbraucher haben gute Chancen so manches attraktive Stück zu finden. Denn das erste Halbjahr verlief für Boutiquen, Modehäuser und Markenshops alles andere als gut. Es kamen deutlich weniger Kunden in die Läden als im gleichen Zeitraum des Vorjahrs. Umsätze und Gewinne schrumpften in zahlreichen Läden spürbar.

„Viele große stationäre Händler haben große Schwierigkeiten“, sagt Thomas Harms von der Unternehmensberatung Ernst & Young. Die Schuld daran werde gerne dem Wetter gegeben, aber in Wirklichkeit seien viele Probleme hausgemacht. Nach einer aktuellen Marktstudie des Branchenfachblatts „Textilwirtschaft“ fielen die Umsätze der stationären Modehändler zwischen Januar und Juni um zwei Prozent, die Kundenzahl verringerte sich um vier Prozent und die Zahl der verkauften Stücke sogar um fünf Prozent. Dabei trafen die Umsatzeinbußen nicht nur kleinere und mittlere Händler, auch der Modekonzern H & M etwa musste in Deutschland jüngst Erlösrückgänge von fünf Prozent hinnehmen.

Gleich zwei Probleme machten der Branche im 1. Halbjahr zu schaffen: das ungewöhnliche Wetter, das nach einem März mit Rekord-Minustemperaturen im April praktisch übergangslos zu sommerlichen Temperaturen wechselte. So fiel der Frühling als Modesaison für Händler quasi aus. Dazu kommt der Siegeszug des Online-Handels. Der Umsatz mit Bekleidung im Internet stieg nach Angaben des Bundesverbandes E-Commerce (bevh) im zweiten Quartal um neun Prozent auf 2,8 Milliarden Euro.

Die Probleme der Modehändler in den Innenstädten erscheinen umso gravierender angesichts der Tatsache, dass die Konjunktur in Deutschland brummt. Doch von der guten Kauflaune der Verbraucher kommt in den Boutiquen und Modehäusern kaum etwas an.

Für den Handelsexperten Harms ist das kein Wunder: „Die Kleiderschränke in Deutschland sind schon jetzt bis zum Bersten gefüllt. Der Markt ist gesättigt. Ein großer Teil der Kleidungsstücke, die gekauft werden, wird gar nicht mehr getragen“, meint er.

Und die Branche verschlimmere die Situation noch durch eigene Fehler. „Es ist absurd, dass jetzt schon die ersten Läden die Herbst- und Winterkollektionen in die Schaufenster stellen. Damit schaufelt sich der Handel sein eigenes Grab. Käme die Ware saisongerechter in die Läden, dann müssten auch nicht so große Teile der Kollektionen mit hohen Rabatten verramscht werden“, meint er.

Außerdem werde die Online-Konkurrenz noch immer von zu vielen Modeanbietern unterschätzt. „Der Online-Handel mit Mode boomt. Aber viele große Modehändler nehmen das nicht ernst genug und tun so, als ginge das morgen wieder weg. Aber das wird natürlich nicht geschehen“, meint der Experte.

Tatsächlich scheint Mode für viele Menschen an Bedeutung zu verlieren. Nach einer Umfrage der Gesellschaft für Konsumforschung im Auftrag der „Textilwirtschaft“ planen mehr als ein Drittel (36 Prozent), in diesem Jahr weniger für Bekleidung auszugeben als 2017. Nur 22 Prozent wollen tiefer in die Tasche greifen. Ein Ende der Krise in den Einkaufsstraßen scheint nicht in Sicht.

Kein Wunder, dass Harms den Händlern in den Innenstädten wenig Hoffnung auf eine schnelle Besserung ihrer Situation macht. „Ich kann mir keinen Grund vorstellen, warum die deutschen Verbraucher auf einmal modebegeisterter werden sollten. Deshalb sehe ich für den Modemarkt auch im Rest des Jahres keinen kräftigen Wachstumsschub.“

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