Medien: Der stille Rückzug der Buchclubs

Für Bertelsmann waren sie einst der Motor des Aufstiegs — heute spielen die Clubs nur noch eine untergeordnete Rolle.

Gütersloh. Als Reinhard Mohn 1945 den Bertelsmann-Konzern übernahm, waren es buchstäblich nur Trümmer, die er vor sich hatte. Nach und nach baute er das Druck- und Verlagsgeschäft wieder auf. Vom Stammsitz Gütersloh aus gelang dem Unternehmer 1950 sein erster großer Coup: Der Buchclub.

Die Grundidee ist bis heute gleich. Viele Menschen bestellen regelmäßig ein neues Buch oder andere Medien und bekommen die Ausgaben billiger. Der Club füllte die Bücherregale seiner Mitglieder — und die Kassen seiner Besitzer. In den besten Zeiten nach der Wiedervereinigung gab es allein im deutschsprachigen Raum über sechs Millionen Mitglieder. Immer mehr Länder kamen dazu

Heute heißt der Buchclub Direct Group und ist nur noch die kleinste — wenn auch immer noch bekannteste — der fünf Säulen des Konzerns. Nur wenige wissen, dass das Medienunternehmen mit der RTL Group Europas größten Unterhaltungskonzern besitzt, dass die Gütersloher Supermarktprospekte drucken und Rechnungen für Microsoft verschicken. Die Clubs spielen keine herausragende Rolle mehr, dazu hat auch ein langjähriger Mitgliederschwund beigetragen.

In der nächsten Woche wird Bertelsmann eine voraussichtlich glänzende Bilanz vorlegen. Konzernchef Hartmut Ostrowski hob die „herausragende Umsatzrendite“ 2010 hervor. Die RTL Group erreichte dabei schwindelerregende 20 Prozent. Das heißt, bei jedem Euro Erlös machte sie 20 Cent Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen.

Davon dürfte das Clubgeschäft weit entfernt sein, die Signale stehen vielmehr auf Rückbau. Eine ausländische Club-Tochter nach der anderen wurde verkauft, wenn ein akzeptabler Preis und eine gute Perspektive für die Mitarbeiter zu erzielen waren. Übrig geblieben sind die deutschsprachigen Länder, Polen, Tschechien, Russland, die Ukraine und Spanien.

In Deutschland, Österreich und der Schweiz gibt es noch 2,5 Millionen Mitglieder. Nun will der Club in Deutschland mehr Kunden gewinnen — mit Hilfe neuer Freiheiten: Clubmitglieder müssen nur noch zweimal im Jahr bestellen, nicht pünktlich jedes Quartal. Auch Nicht-Mitglieder will das Management in die Läden holen. Unter dem Namen „Zeilenreich“ eröffnen Filialen neu. Dort gilt dann das Prinzip: Ein Laden — zwei Preise. Jeder darf kaufen, aber nur Mitglieder bekommen die verbilligten Angebote. Vielleicht liegt darin die Zukunft der Sparte.

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