Lebensversicherer unter Druck

Köln (dpa) - Die klassische Lebensversicherung verliert nach Einschätzung der Ratingagentur Assekurata weiter an Attraktivität. Bei 58 der 66 Versicherer, die die Agentur untersucht hat, müssen sich Neukunden mit deutlich geringeren Überschussbeteiligungen abfinden als ein Jahr zuvor.

Auch der Garantiezins von 1,75 Prozent für Neuverträge ist nach Einschätzung der Experten kaum zu halten. „Es ist sehr wahrscheinlich, dass wir in den nächsten Jahren eine weitere Absenkung der Garantieverzinsung sehen werden“, sagte Assekurata-Analyst Lars Heermann am Donnerstag in Köln.

Für 2013 senkten die Lebensversicherer die laufende Verzinsung für neue Verträge der Studie zufolge im Schnitt um 0,3 Prozentpunkte auf 3,61 Prozent. Die laufende Verzinsung besteht aus dem Garantiezins und der laufenden Überschussbeteiligung. Zusätzlich zahlen Lebensversicherer am Ende der Laufzeit einen Schlussüberschuss und eine Beteiligung an den Bewertungsreserven.

Im Schnitt legen die Versicherer laut Assekurata nur 90 Prozent der Beiträge an, Risikoschutz und Verwaltung kosteten 10 Prozent. Je nach Überschüssen und Kosten könne der Vertrag eines guten Anbieters doppelt so viel Rendite bringen, erklärte die Agentur.

Die historisch niedrigen Zinsen an den Finanzmärkten machen es den Versicherern immer schwerer, die Renditen für ihre Kunden zu erwirtschaften. Die Unternehmen müssen 2013 voraussichtlich vier Milliarden für Altverträge zurücklegen, deren Kunden noch Ansprüche auf eine Mindestverzinsung von bis zu vier Prozent haben, erklärte die Assekurata.

Der deutsche Versicherungsverband GDV sieht in den Assekurata-Ergebnissen einen Beleg für die Qualität der Lebensversicherung. „Kein anderes Produkt bietet im aktuellen Niedrigzinsumfeld bei vergleichbarer Sicherheit so attraktive Leistungen wie die Lebensversicherung“, sagte ein GDV-Sprecher. Assekurata-Geschäftsführer Reiner Will sagte, wegen der hohen Bewertungsreserven profitierten vor allem Kunden, deren Verträge jetzt ausliefen. Bestandskunden hätten das Nachsehen.

Der britische Versicherungskonzern Standard Life zog die Renditeversprechen der deutschen Lebensversicherer in Zweifel. Europachef Paul Matthews sagte dem „Handelsblatt“ (Donnerstag) mit Blick auf die niedrigen Zinsen: „Wenn sich die Renditen der Staatsanleihen nicht erholen, werden die deutschen Versicherer ihre Garantien nicht mehr erfüllen können.“ Früher oder später werde „ein Anbieter sagen müssen, dass er sie nicht mehr erfüllen kann“.

Der deutsche Marktführer Allianz betonte: „Selbst bei einem Zinssatz von 1,5 Prozent kann Allianz Leben dauerhaft alle Garantien erfüllen. Die durchschnittliche Garantieverzinsung im Bestand von Allianz Leben liegt bei 3,1 Prozent“, sagte ein Sprecher der Allianz Deutschland AG.

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