Lebensmittel: Tierschutz statt Niedrigpreis?

Der Kunde will es möglichst preiswert. Doch damit fördert er Massentierhaltung.

Berlin. Die 2,5-Kilo-Packung Hähnchenschenkel für 4,50 Euro, ein Kilo frischer Schweinekamm für drei Euro — wenn Kunden bei Discountern und Supermärkten in die Kühlregale schauen, sind viele auf Schnäppchen geeicht. Der Preiskampf bei Lebensmitteln ist zur Agrarmesse Grüne Woche in Berlin in den Blickpunkt gerückt: Ist der Wunsch nach immer billigerer Nahrung zu Lasten von Tieren und Natur noch verantwortbar? Politik und Verbraucherschützer mahnen zur Umkehr, auch die Branche zeigt sich sensibilisiert.

„Die Verbraucher, die sich heute über die Massentierhaltung beschweren, haben mit ihrem Kauf von Billig-Lebensmitteln und ihrer extremen Preisbewusstheit letztlich genau diese Art der Landwirtschaft vorangetrieben“, sagt Heinrich von Bassewitz, der Öko-Beauftragte des Bauernverbands. Mit dem Trend zu effektiveren Produktionsmethoden in großen Ställen rüsten sich viele Landwirte aber auch für den Weltmarkt, wie alternative Agrar-Verbände monieren. Die globale Nachfrage treibt das Geschäft.

Tatsächlich liegen die Kosten spürbar höher, wenn Lebensmittel auf ökologische Weise aufwendiger und in kleineren Mengen hergestellt werden als in Mastanlagen mit tausenden Tieren. Das zeigt sich auch am Preis. Bei Biosupermarkt-Ketten gilt es schon als Sonderangebot, wenn ein Kilo Putenoberkeule nicht 14,90 Euro, sondern 9,90 Euro kostet. Aus konventioneller Produktion gibt es sie für sechs Euro.

Ob die Massenhaltung an sich tierunwürdig ist oder nur verbessert werden muss, sorgt nun wieder für Streit. „Es ist nicht generell so, dass es einer großen Anzahl von Tieren in großen Ställen schlechter gehen muss“, sagt Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU). Jedoch gebe es „Grenzen des Wachstums“, und die Förderung solle auf artgerechtere Haltungsformen abzielen.

Die Agrarbranche will die Verunsicherung vieler Kunden ernst nehmen. „Es darf nirgendwo mehr einen sorglosen Umgang mit Antibiotika geben“, sagt Bauernpräsident Gerd Sonnleitner. Kranke Tiere müssten aber behandelt werden können. Druck macht auch die Ernährungsindustrie. Sie braucht einwandfreie Produkte von der Landwirtschaft, wie Verbandspräsident Jürgen Abraham betont. Das betreffe auch Tierschutz und Fremdstoffe wie Medikamente in Tieren.

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