Kundendaten sind für den Handel Gold wert

Verbraucherschützer warnen vor Missbrauch und fordern Transparenz.

Berlin. Der Fall Edward Snowden kommt Michael Otto ungelegen — gelinde gesagt. Handelskunden seien auf einmal viel sensibler für das, was nach dem Einkauf mit ihren Daten passiert, bemerkt der Aufsichtsratschef des Versandriesen Otto. Das muss ihm Sorgen machen: Denn wer heute im Netz oder im Laden etwas kauft, hinterlässt immer mehr Datenspuren — und die sind für den Handel Gold wert.

Was kauft der Kunde wann, wo und warum? Um ein Bild davon zu bekommen, fügen Handelsunternehmen ein Mosaik aus immer mehr Steinchen zusammen. Der Käufer liefert die Daten-Bausteine, oft ohne darüber nachzudenken: etwa mit seiner Kundenkarte am Ladentisch oder dem Warenkorb am Bildschirm.

„Big data“, das ist eines der Topthemen der Branche. Nach Schätzungen verfünfzigfacht sich die weltweite Datenmenge im Laufe dieses Jahrzehnts. Der Handel sieht sich vor einer unerschöpflichen Goldmine. Doch Otto betont: „Big data hat nichts mit Geheimdiensten zu tun.“

Kaufhof-Geschäftsführer Thomas Storck sagt: „Der Tante-Emma-Ladenbesitzer wusste immer, was seine Kunden wollten.“ Er habe auch gewusst, was der Kunde sich nicht leisten konnte, und er kaufte entsprechend ein. „Das versuchen wir heute auf den Massenmarkt zu übertragen.“ Hat die Firma das Datengold nicht selbst, kann sie es bei spezialisierten Händlern kaufen.

Der Handel erhofft sich vielerlei Nutzen: zielgerichtete Werbung für jeden Kunden, stets passende Lagerbestände, bessere Mitarbeiterplanung in Filialen. Die Käufer müssten durch den Angebotsdschungel gelotst werden, sagt Otto.

Verbraucherschützer sehen das anders. „Big data“ sei ein großes Risiko für den Persönlichkeitsschutz, heißt es beim Verband der Verbraucherzentralen. Meist wüssten die Nutzer nicht, dass ihre Daten weiterverwendet werden. Auch die Bürger sind skeptisch. Nur jeder Zehnte würde seine Daten für personalisierte Werbung preisgeben.

Die Zurückhaltung ist dem EU-Parlament nicht entgangen. Es will die in die Jahre gekommene EU-Datenschutzrichtlinie renovieren, und erwägt, dass Internetnutzer künftig explizit auf die Weiterverwendung hingewiesen werden müssen.

Das soll Datenmissbrauch vorbeugen. Von einer schärferen Richtlinie wollen Händler aber nichts wissen. Um „Big data“ zu retten, verlangt Storck eine Selbstverpflichtung des Handels für die Datensicherheit.

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