Konjunktursorgen setzen ThyssenKrupp zu

Essen (dpa) - Der Stahl- und Industriekonzern ThyssenKrupp kommt vor dem Hintergrund eines schwachen Stahlgeschäfts aus den roten Zahlen nicht heraus.

Neben erneut hohen Verlusten in den neuen Werken in Brasilien und den USA wegen technischer Probleme und schwachem Marktumfeld brach nun auch das lange boomende europäische Stahlgeschäft ein. 480 Millionen Euro Verlust schrieb das Essener Unternehmen im ersten Quartal und setzte damit die Reihe schwacher Ergebnisse fort.

Von der verlustreichen Edelstahlsparte Inoxum trennt sich der Konzern derzeit. Auch an anderen Stellen hat Vorstandschef Heinrich Hiesinger angekündigte Verkäufe - wie den zivilen Schiffbau oder den Dienstleister Xervon - umsetzen können. Dennoch traute sich der vor einem Jahr von Siemens gekommene Manager am Dienstag bei der Vorlage der Quartalszahlen immer noch keine Prognose für das laufende Geschäftsjahr zu. Die „weiterhin unsichere gesamtwirtschaftliche Situation“ gebe eine verlässliche Prognose derzeit nicht her. Die Börse quittierte die Zwischenbilanz zum Handelsauftakt mit einem zeitweisen Minus von vier Prozent.

Als Stütze zum schwankungsanfälligen Stahl erwies sich der Technologiebereich mit dem Großanlagenbau, der Aufzugsparte und dem Autozuliefergeschäft. Hiesinger rechnet in dieser Sparte im zweiten Halbjahr noch mit steigenden Ergebnissen. Den Bereich will Hiesinger noch ausbauen und dafür Geld loseisen. Das funktioniert vor allem über Verkäufe. Im vergangenen Mai hatte er Geschäfte mit einem Umsatz von rund zehn Milliarden Euro auf die Verkaufsliste gesetzt. Für rund 80 Prozent davon gibt es inzwischen eine Lösung. Bleibt es allein bei Verkäufen, wird der Umsatz von 50 auf 40 Milliarden Euro sinken. Die Mitarbeiterzahl dürfte unter 150 000 fallen. Zuletzt lag sie, Inoxum eingeschlossen, bei 171 000.

Inoxum schrieb noch einmal tiefrote Zahlen. Der Konzern nahm erneut eine Wertberichtigung von 265 Millionen Euro vor dem Verkauf an den finnischen Konkurrenten Outokumpu vor. Das führte im ersten Quartal zu einem Gesamtverlust von 308 Millionen Euro. Ende Januar hatten sich beide Seiten auf das Geschäft geeinigt. Der ausgehandelte Gesamtpreis beläuft sich auf rund 2,7 Milliarden Euro. Der Verkauf muss noch von der Kartellbehörden genehmigt werden und soll bis Jahresende abgeschlossen sein.

Durch den inzwischen perfekten Verkauf der zivilen Teile der Hamburger Werft Blohm+Voss an den britischen Finanzinvestor Star Capital musste die Dax-Gesellschaft eine weitere Sonderbelastung von 155 Millionen Euro im ersten Quartal verbuchen, weil der erzielte Verkaufspreis unter dem Buchwert lag.

Auch wenn Hiesinger keine Jahresprognose abgab, will er dennoch das Ergebnis des ersten Quartals nicht hochrechnen. Zwischen Oktober und Dezember habe der Konzern immer mit saisonalen Belastungen zu tun, zudem sollen die Verluste in den neuen Stahlwerken von Quartal zu Quartal sinken. Inzwischen gebe es „ermutigende Signale“ auf dem Stahlmarkt: So hätten Anfang 2012 Bestellungen und Preise auf den Spotmärkten wieder angezogen. Allerdings sei noch unklar, wie nachhaltig diese Entwicklung ist. Den Preisverfall des vergangenen Quartals wird ThyssenKrupp noch länger spüren. Bei langfristigen Lieferverträgen musste der Konzern Abschläge in Kauf nehmen, die das Ergebnis in diesem Jahr belasten.

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