Klagewelle gegen Griechen?

Viele Kleinanleger fühlen sich betrogen und erwägen juristische Schritte.

Berlin. Auf Griechenland könnte eine Klagewelle deutscher Kleinanleger zurollen. Eine Schadenersatzklage vor einem deutschen Gericht komme für alle infrage, die dem Zwangsumtausch ihrer Anleihen bei dem griechischen Schuldenschnitt nicht zugestimmt hätten, sagte ein Experte der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Die privaten Gläubiger müssen auf mindestens 53,5 Prozent ihrer Forderungen verzichten und erhalten Papiere mit einer Laufzeit von 30 Jahren. Die Anleger machten Verluste zwischen 76 und 80 Prozent.

Warum kaufen Privatanleger Staatsanleihen?

Ein Wertpapier, hinter dem ein Staat steht, gilt als sichere Anlage. Der Bundesschatzbrief etwa entwickelte sich zum Bestseller. Lange Zeit üppige Zinsen — in der Spitze fast zehn Prozent — überzeugten zehntausende Anleger. In der Regel können sich Anleger darauf verlassen, dass Staatspapiere zu 100 Prozent zurückgezahlt werden — inklusive der versprochenen Zinsen.

Was ist das verlockende an Anleihen von Euro-Krisenländern?

Wer in der aktuellen Euro-Schuldenkrise Geld gewinnbringend anlegen will, ist mit Bundesanleihen schlecht bedient. Das Zinsniveau ist niedrig, billiges Zentralbankgeld verdirbt die Preise. Mancher Anleger lässt sich daher von üppigen Renditen locken, die Papiere von Krisenstaaten wie Griechenland, Spanien und Italien versprechen.

Ging die Rechnung auf?

Das Risiko, mit einer Anleihe des hoch verschuldeten Griechenland auf die Nase zu fallen, war ungleich höher als bei vergleichbaren Wertpapieren. Dazu kam auch noch ein politischer Kurswechsel, der für Unsicherheit sorgte.

Was sind Ansätze für Klagen?

Die Sonderbehandlung der Europäischen Zentralbankbirgt Risiken. Nach Einschätzung der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) können Besitzer von Griechen-Anleihen sich grundsätzlich auf drei Wegen juristisch gegen den Zwangsumtausch wehren: 1. Schadensersatzklagen in Griechenland, 2. Klagen in Deutschland, 3. Schiedsverfahren zwischen Deutschland und Griechenland.

Welche Erfolgsaussichten gibt es?

Anwälte argumentieren, spätestens seit der Argentinien-Pleite 2002 sei bekannt, dass Staatsanleihen nicht sicher seien. Wenn eine Bank Anlegern nicht sage, dass sie im schlimmsten Fall auch bei Staatsanleihen ihren ganzen Einsatz verlieren können, hafte sie. Wer erst kurz vor dem Schuldenschnitt Geld in Griechen-Bonds steckte, um möglichst schnell möglichst viel zu verdienen, dürfte es allerdings schwer haben, Gerichte von Falschberatung zu überzeugen. Vor griechischen Gerichten zu klagen, dürfte allein wegen des Aufwands für deutsche Kleinanleger kein gangbarer Weg sein.

Dass Griechenland faktisch pleite und somit fraglich ist, woher der Schadenersatz kommen soll, schreckt Anwälte nicht. Die Hamburger Kanzlei Gröpper-Köpke: „In einem Prozess gegen Argentinien wurde für den Gläubiger einer Argentinien-Anleihe ein Kriegsschiff beschlagnahmt. Das bringt Millionen.“

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