Kampf gegen ein Oligopol

Aufbau einer europäischen Ratingagentur ist schwieriger als erwartet.

Berlin. Auf dem Höhepunkt der Eurokrise waren sie bei Politikern gefürchtet: Die Zeugnisse der Ratingagenturen für die Eurostaaten. Stufte eines der drei US-Unternehmen (siehe Kasten) die Kreditwürdigkeit eines Landes herunter, ging es an den Börsen meist noch weiter bergab.

Europas Politikern bereitet dies Unbehagen, denn angeblich könnten die US-Agenturen ein politisches Spiel mit Europa treiben und den Kontinent schlechtreden. Beweise gibt es dafür aber nicht. Die Ankündigung des Beratungsunternehmens Roland Berger, eine europäische Ratingagentur als Gegengewicht aufzubauen, stieß dennoch auf Zustimmung. Nun wird immer wahrscheinlicher, dass es nicht genügend Investoren für die von Berger vorgesehene Stiftungslösung gibt.

Hauptgeschäft der Agenturen sind Bewertungen von Wertpapieren, die Unternehmen ausgeben. Bezahlt werden sie dafür von den Firmen selbst. Dies war auch der Anlass für einen massiven Vertrauensverlust im Zuge der Finanzkrise 2008, als sie teilweise Schrottpapiere mit Bestnoten versehen hatten. Politisch brisanter sind jedoch die Länderratings. Für die Gewinne der Agenturen spielen sie kaum eine Rolle, fürs Prestige umso mehr.

Deshalb wollen aufstrebende Mitspieler mitmischen. Auch in einem Modell der Bertelsmann-Stiftung, die am Dienstag ihre Pläne für eine Ratingagentur vorstellen will, dürften die Benotungen von Staaten eine entscheidende Rolle spielen.

Doch das Vorhaben ist heikel, wie die Schwierigkeiten von Roland Berger zeigen. Ein Neuling müsste sich erst bewähren. Die US-Konkurrenten mögen zwar umstritten sein, dafür sind sie aber schon seit Jahrzehnten im Geschäft. „Ich fürchte, dieser Markt wird ein Oligopol bleiben“, sagt Volkswirt Hanno Beck.

Eine Beteiligung der öffentlichen Hand lehnen EU-Kommission und Bundesregierung ab. Sie fürchten, dass die Finanzmärkte einem solchen Anbieter kein Vertrauen schenken würden. Zu groß wäre der Verdacht politischer Einflussnahme.

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