BGH-Urteil Junge wählt teure Nummer — Mutter muss nicht zahlen

13-Jähriger bestellte über eine 0900-Nummer für 1250 Euro Spielezubehör. Jetzt sprach der Bundesgerichtshof in der Sache sein Urteil.

Symbolbild

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Foto: dpa

Karlsruhe/Düsseldorf. Eltern haften nicht, wenn ihre Kinder über kostspielige 0900-Nummern die Telefonrechnung in die Höhe treiben. Das entschied gestern der Bundesgerichtshof in Karlsruhe. und gab damit der Mutter eines 13-Jährigen Recht, die nicht für ihre Telefonrechnung in Höhe von über 1200 Euro zahlen wollte.

Ihr Sohn spielte am Computer ein zunächst kostenloses Ego-Shooter-Spiel, das weltweit Millionen Nutzer hat. Allerdings wollte er weitere Funktionen freischalten, für die er sogenannte „Credits“ brauchte — und die waren per Kreditkarte oder Pay-by-Call-Verfahren zu bezahlen. Der 13-Jährige wählte die zweite Alternative und rief 21 Mal die teure 0900-Nummer an. Insgesamt 1253,93 Euro, so teilt der BGH mit, liefen so auf der Abrechnung seiner Mutter auf.

Die allerdings wollte den Betrag nicht begleichen, der Anbieter ging vor Gericht — und bekam von Amts- sowie Landgericht Recht. Doch die Frau stritt weiter — jetzt mit Erfolg: Gestern wies der BGH die Klage ab. Der Frau kommt ein Paragraf aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch zugute. Demnach haftet grundsätzlich der Dienstleister, wenn eine Zahlung nicht autorisiert war. Und das war sie im vorliegenden Fall nicht, so die Richter.

Das Urteil hat Bedeutung aber über die betroffene Familie hinaus. Denn: Das Internet hat die Branche stark verändert. Früher wurden Spiele im Laden verkauft — heute ist es online jederzeit möglich, neue Inhalte zum Herunterladen bereitzustellen. Gegen Zahlung. Das können Cent-Beträge sein. Es gibt aber auch Extra-Pakete für 100 Euro. Für die Branche ist das inzwischen ein wichtiger Umsatzbringer. Von 2015 auf 2016 legte der Bereich in Deutschland um 17 Prozent zu, auf nun 659 Millionen Euro. Pay-by-Call-Dienste sind ein Weg, an solche Extra-Funktionen zu kommen. Abgerechnet wird über die Telefonrechnung. Vorteil: Man muss keine Daten preisgeben. Risiko: Über den Anschluss können eben auch andere Geld ausgeben.

„Es ist schön, dass der BGH in dem Fall für Klarheit gesorgt hat“, sagt Christine Steffen von der Verbraucherzentrale NRW, die immer wieder Anfragen von betroffenen Eltern erhält. „Denn es herrschte nach den bisherigen Urteilen Rechtsunsicherheit.“

Noch weiter geht der Kölner Rechtsanwalt Christian Solmecke, Experte für Medienrecht und die Berater für IT-Firmen: „Das heutige Urteil schützt nicht nur Eltern, sondern alle, deren Telefonanschluss ohne ihr Wissen für teure Bestellungen missbraucht wird“, erklärte er gegenüber unserer Zeitung gestern. „Das Urteil ist für all die Fälle wegweisend, in denen der Telefonanruf als Zahlungsmittel eingesetzt wird.“ Er erinnert an den Fall eines Vaters, der vom Landgericht Bonn zu einer Zahlung von 18 668,79 Euro verurteilt worden war, nachdem sein minderjähriger Sohn über Monate hinweg teure Mehrwertnummern angerufen hatte. So etwas, hofft Solmecke, könnte es künftig nicht mehr geben: „Die Entscheidung des BGH ist in der Tat ein lange überfälliges und endlich Klarheit schaffendes Urteil.“

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