IAA: Spritfresser gegen Öko-Autos

Die Autoausstellung wird von neuer Umwelttechnologie dominiert. Kunden ziehen jedoch schnelle Geländewagen vor, sagt Experte Dudenhöffer.

Frankfurt. Die Internationale Automobilausstellung (IAA) in Frankfurt schillerte noch nie so grün wie in diesem Jahr. Die 1081 Aussteller stellen ihre ökologischsten Modelle und Techniken in den Mittelpunkt, noch ehe die Ausstellung morgen eröffnet wird. Umweltverbände kritisieren jedoch, die deutsche Automobilindustrie setze lieber auf grüne Werbung, als auf grüne Innovationen. Ist der Vorwurf gerechtfertigt?

"Ja und nein zugleich", sagt Ferdinand Dudenhöffer, Professor an der Fachhochschule Gelsenkirchen, der bereits in Frankfurt vor Ort ist. "Ich sehe hier viele neue Technologien. Man kann klar sagen: Die deutschen Autohersteller haben das Thema erkannt." BMW lobt Dudenhöffer besonders für die Weiterentwicklung des Benzin-Motors. Mit dem Direkt-Einspritz-System, das ähnlich wie ein Diesel-Motor funktioniert, könne Treibstoff eingespart werden.

Der zweite Schwerpunkt der Messe, der sogenannte "Kompakt-SUV" (sports utility vehicle), ein sportlicher Geländewagen, läuft dem Experten zufolge jedoch dem Öko-Trend entgegen. "Das sind aber die Autos, die die Kunden wollen. Die Hersteller bedienen nur den Mark", sagt Dudenhöffer.

Kunden seien anders als bei Lebensmitteln nur bedingt bereit, für ein ökologisches Auto mehr Geld auszugeben. "Eine gesündere Biomöhre nutzt dem Kunden direkt etwas, ein umweltfreundliches Auto kommt aber erstmal der Atmosphäre zu Gute. Da sagen die Kunden: ’Dann soll doch mein Nachbar so ein Auto fahren.’"

Um Kaufanreize zu schaffen, will Dudenhöffer die Politik verpflichten. Deshalb fehle bei der IAA ein Stand der EU-Kommission. Die Co2-Steuer hält Dudenhöffer für einen "Etikettenschwindel". Statt dessen fordert er die Einführung eines Preises für Co2. Ein Porsche würde dann um 4000 Euro teurer, ein sparsamer Smart um 800 Euro billiger. "Dann wird sich die Nachfrage nach ökologischen Autos über den Geldbeutel erhöhen." Für die Autohersteller lohne es sich dann auch "schönere und mächtigere" Öko-Wagen zu entwickeln. Dennoch müssten Autokäufer mit Mehrkosten von bis zu 1500 Euro rechnen.

Während die deutsche Automobilindustrie in der Weiterentwicklung des Benzinmotors führt, haben beim Hybridmotor ausländische Hersteller die Nase vorn. Toyota, deren Autos die Deutschen laut einer Umfrage des Marktforschungsinstituts Plus als "besonders umweltfreundlich" einschätzen, ist Marktführer. Dudenhöffer geht jedoch davon aus, dass sich der Hybridmotor in den nächsten Jahren auch in Deutschland durchsetzen wird.

VW Studie "Up!" (neuer kleiner Stadtwagen für deutlich unter 10 000 Euro); neuer Tiguan (kompakter Geländewagen). Für 2010 kündigte VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch ein Ein-Liter-Auto an.

BMW u.a. neuer Mini Clubman; Geländewagen X6 (ab 2009 auch als Hybrid).

Ford neue Reihe "ECOnetic", die niedrigere Schadstoffwerte erziehen soll; Geländewagen Ford Kuga; Studie Ford Verve, der als Nachfolger des Fiesta gilt.

Mercedes F 700 (Prototyp für Luxuslimousine der Zukunft, das Design ist an der Strömungsdynamik der Fische orientiert).

Im Europaparlament kündigt sich eine Kampfabstimmung über die Klimaschutzauflagen für Autobauer an. Der federführende Umweltausschuss will heute sein Votum abgeben. Umstritten ist, wann die geplante Gesetzgebung greifen soll. Nach Vorschlag der EU-Kommission soll der CO2-Ausstoß von Neuwagen bis 2012 von derzeit rund 160 auf 120 Gramm je Kilometer sinken. Der liberale Brite Chris Davies will den Autobauern dagegen bis 2015 Zeit lassen. Auch über Sanktionen für Klimasünder dürfte es erregte Debatten geben. Während sich der SPD-Abgeordnete Groote für Geldstrafen und Steueranreize für umweltfreundliche Autos aussprach, hält der CDU-Klimaexperte Karl-Heinz Florenz Strafen nur für die "letzte Waffe".

Auf der Donnerstag beginnenden Internationalen Automobilausstellung (IAA) in Frankfurt versuchen sich die Hersteller mit umweltfreundlichen Modellen zu übertrumpfen. Damit diese eine Chance am Markt haben, müsse die Politik handeln, fordert der Experte Ferdinand Dudenhöffer.

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