Gericht will Verantwortung der früheren BayernLB-Vorstände klären

München (dpa) - Das Landgericht München will die Rolle der früheren BayernLB-Vorstände beim verhängnisvollen Kauf der österreichischen Bank Hypo Alpe Adria genau unter die Lupe nehmen.

Nachdem ein Kompromiss über Schadenersatz zwischen der BayernLB und ihren acht ehemaligen Top-Managern gescheitert ist, kündigten die Richter in dem aufsehenerregenden Zivilprozess eine genaue Überprüfung der Manager-Verantwortlichkeiten an. „Dabei ist es erforderlich, dass die Rolle jedes Einzelnen beschrieben wird“, sagte die Vorsitzende Richterin der 20. Zivilkammer, Isabel Liesegang, am Dienstag in München.

Die Landesbank wirft ihrem früheren Chef Werner Schmidt und sieben weiteren ehemaligen Top-Managern Pflichtverletzungen vor, weil sie die Hypo Group Alpe Adria (HGAA) im Jahr 2007 für rund 1,6 Milliarden Euro kauften, obwohl damals schon Berichte über Bilanzfälschungen bei der Bank kursierten. Selbst die Österreichische Nationalbank hatte damals in einem Prüfbericht vor massiven Unregelmäßigkeiten gewarnt. Grundlage für die Übernahme war ein hauchdünner Kaufvertrag von nur 23 Seiten, der viele Fragen offen ließ.

Die damaligen Vorstände sollen den Richtern nun bis Ende Januar detailliert offenlegen, wer bei der Übernahme der Bank welche Verantwortlichkeiten hatte und warum Bedenken gegen den Kauf zurückgestellt wurden. „Sagt man da: Na ja, Bilanzfälschungen hat jeder mal?“, fragte die Richterin. Sämtliche Protokolle der Vorstandssitzungen müssen in den nächsten Wochen bei den Richtern abgeliefert werden.

Vor Gericht erschien erneut nur Ex-Vorstand Dieter Burgmer persönlich. Die übrigen Beschuldigten - darunter auch der amtierende Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes deutscher Banken, Michael Kemmer - ließen sich wie bereits beim Prozessbeginn im Juni von ihren Anwälten vertreten. Einer der Rechtsanwälte appellierte an das Gericht, nicht nur die Risiken durch die Übernahme zu bedenken, sondern auch die Hoffnungen, die damit verbunden waren. „Es gab konkrete Chancen. Das muss einem Vorstand gestattet sein.“

Nach Milliardenverlusten gab die BayernLB die HGAA im Jahr 2009 an Österreich zurück, wo sie notverstaatlicht wurde. Den Freistaat Bayern und damit die Steuerzahler hat das Debakel mehr als 3,7 Milliarden Euro gekostet. Die BayernLB muss vor Gericht allerdings beweisen, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen dem Handeln der damaligen Vorstände und dem Milliardenverlust der Bank gab. Zur Ermittlung der Schadenhöhe soll ein Gutachten beitragen. Der Prozess wird am 19. Februar 2013 fortgesetzt.

Einen Vergleichsvorschlag des Gerichts in Höhe von 25 Millionen Euro hatte die Bank abgelehnt. Am Dienstag wiederholten die Anwälte der Landesbank die Vorwürfe gegen ihre einstigen Spitzenmanager. „Sie haben den Kaufvertrag zu einem zu hohen Preis und zu nicht vertretbaren Konditionen abgeschlossen.“ Wegen der Vorwürfe müssen sich die Ex-Vorstände voraussichtlich im kommenden Jahr auch in einem Strafprozess verantworten. Zumindest einer der ehemaligen Manager hat damit begonnen, die BayernLB zu entschädigen: Der frühere Risiko-Vorstand Gerhard Gribkowsky, der wegen Millionenzahlungen von Formel 1-Boss Bernie Ecclestone zu achteinhalb Jahren Haft verurteilt wurde. Seine Verantwortung bei der HGAA-Übernahme war dabei allerdings kein Thema.

Die bayerische Staatsregierung zieht zum 1. Juli 2013 ihre Minister und Staatssekretäre aus der direkten Kontrolle der BayernLB ab. „Die Landesbank wird entpolitisiert“, sagte Finanzminister Markus Söder (CSU) am Dienstag nach einer Kabinettssitzung. „Ab diesem Zeitpunkt wird keine Politik mehr in den Organen sitzen.“ Der Verwaltungsrat wird künftig wie in Privatunternehmen Aufsichtsrat heißen. Der Freistaat und Sparkassen sollen ihren Einfluss über die Gesellschafterversammlung wahren. Bisher haben Finanz-, Wirtschafts- und Innenminister Sitze im Verwaltungsrat der Landesbank, wobei sich Innenminister Joachim Herrmann (CSU) von seinem Staatssekretär Gerhard Eck vertreten lässt.

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