Sanierung vorgesehen Franzosen übernehmen Opel und drücken aufs Tempo

Rüsselsheim (dpa) - Das Ziel für Opel ist klar, der Weg dorthin soll innerhalb von 100 Tagen abgesteckt sein. Der neue Eigentümer PSA macht mächtig Tempo, wenn es darum geht, den seit Jahren verlustreichen Autobauer aus Rüsselsheim ins eigene Produktionsnetz einzubauen und wieder profitabel zu machen.

Sanierung vorgesehen: Franzosen übernehmen Opel und drücken aufs Tempo
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Innerhalb von zwei Jahren soll die Marke mit dem Blitz gemeinsam mit ihrer britischen Schwester Vauxhall wieder Geld verdienen. Dabei steht auch ein noch unbekannter Anteil der rund 38 000 Arbeitsplätze an den zehn europäischen Opel-Standorten auf dem Spiel. In Rüsselsheim beginnt das Zittern.

Was sind die genauen Vorgaben des PSA-Konzerns?

Schlicht gesagt „Gewinn“. Das sei schließlich das einzige, was Mitarbeiter vor Entlassungen schütze, hat PSA-Chef Carlos Tavares vor einigen Wochen bemerkt. Im Jahr 2020 soll Opel bereits einen operativen Gewinn von 2 Prozent des Umsatzes abwerfen, sechs Jahre später sollen es bereits 6 Prozent sein. Zum Vergleich: Volkswagen schaffte im vergangenen Jahr 7,8 Prozent, PSA selbst im ersten Halbjahr 7,3 Prozent. Außerdem soll bei Opel ab 2020 aus der laufenden Geschäftstätigkeit Geld hängenbleiben, was dann beispielsweise für Investitionen wieder ausgegeben kann.

Welche Möglichkeiten zum Sparen gibt es?

Zunächst zielt die Übernahme auf höhere Stückzahlen, die Kostenvorteile bei der Entwicklung und dem Einkauf von Teilen bringen. Opel/Vauxhall steht für eine Million jährlich verkaufter Autos, die möglichst schnell mit PSA-Technik bestückt werden sollen. Die sogenannten Skaleneffekte beziffert Opel auf 1,7 Milliarden Euro. Vier Autos sind bereits gemeinsam auf die Spur gebracht, der neue Opel Corsa wird sich ab 2019 technisch kaum noch vom Peugeot 208 unterscheiden. Neben dem Abbau doppelter Zentralfunktionen auch bei Vertrieb oder Marketing sind zudem Einschnitte im Produktionsverbund möglich. „Ich halte auch Werksschließungen nicht für ausgeschlossen. Bei Opel ist die Zeit des Zuwartens vorbei“, sagt der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen. Er erwartet innerhalb von 100 Tagen einen „harten und präzisen Plan“.

Wer entscheidet über die neue Strategie?

Das neu zusammengesetzte Opel-Management mit tätiger Unterstützung aus Paris. Der frühere Opel-Chef Karl-Thomas Neumann ist mit der Übernahme von Bord gegangen und nur noch bei General Motors (GM) angestellt. Sein Nachfolger Michael Lohscheller hat von PSA zwei Manager in Schlüsselpositionen zur Seite gestellt bekommen. Das ist zum einen der neue Finanzvorstand Philippe de Rovira und zum anderen der Produktionsexperte Rémi Girardon, der die Opel-Werke in den PSA-Verbund integrieren soll. Als „echter“ Opel-Mann verantwortet der Rüsselsheimer Christian Müller künftig die Bereiche Entwicklung und Antrieb zusammen. Er muss zusehen, dass die rund 8000 Ingenieure im Entwicklungszentrum Rüsselsheim künftig genug Aufträge erhalten.

Welchen Einfluss haben die Gewerkschaften?

Das wird sich in den kommenden 100 Tagen zeigen. Lohscheller hat angekündigt, die neue Strategie in „enger Abstimmung mit dem Betriebsrat und den Gewerkschaften“ anzugehen. Die haben den Verkauf unterstützt und durchgesetzt, dass die Tarifverträge in Kraft bleiben und GM-Produktionszusagen festgeschrieben wurden. Dazu gehört die Herstellung der nächsten Generation des Geländewagens Mokka in Eisenach ab 2019, die als Bestandsgarantie für das Montagewerk mit knapp 2000 Leuten gesehen wird. Entsprechend hoch war die Zustimmung der Belegschaft zu dem Fusionsplan, wobei es natürlich auch an Alternativen fehlte. Nur eine Handvoll Beschäftigte habe gegen den Betriebsübergang gestimmt, berichtet der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Wolfgang Schäfer-Klug. Er lehnt Werkschließungen und kostspielige Abfindungsprogramme ab.

Wie ist die Sache eigentlich für General Motors ausgegangen?

Der Abschied von ihrer erfolglosen Europatochter hat die Amerikaner nach eigenen Angaben 5,5 Milliarden Dollar (4,7 Mrd Euro) gekostet. Dem vereinbarten Kaufpreis von 2,2 Milliarden Euro stehen unter anderem hohe Pensionslasten für diejenigen Opel-Mitarbeiter gegenüber, die PSA nicht übernehmen wollte. Die Verhandlungen zur Übernahme der europäischen Geschäfte der Finanztochter laufen noch. Außerdem steht der drittgrößte Autohersteller der Welt nun auf dem europäischen Markt ohne eigenes Angebot da. Mit PSA will GM jedoch weiter zusammenarbeiten - unter anderem bei der Entwicklung elektrischer Antriebe.

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