Frankreich wird von Moody´s auf AA1 herabgestuft

Zu viele Schulden, zu wenig Wachstum: Moody’s stuft das Land herunter.

Paris. Es ist eine schmerzhafte Nachricht, die so weh tut wie ein Schlag in die Magengrube. Die amerikanische Ratingagentur Moody’s hat Frankreich die Top-Bonität entzogen und die zweitgrößte Volkswirtschaft Europas von „AAA“ auf „AA1“ heruntergestuft. Eine Entscheidung, die die Finanzwelt keineswegs überrascht und die zugleich einer Ohrfeige für Frankreichs sozialistischen Präsidenten François Hollande gleichkommt.

Die Botschaft, halb Rüffel, halb Appell: Hollandes Anstrengungen, die Wettbewerbsfähigkeit der französischen Wirtschaft zu erhöhen und die Unternehmen zu entlasten, reichen nicht aus. Strukturreformen sind dringend vonnöten. Zwar haben die Franzosen im Laufe des Jahres den Präsidenten mitsamt Regierung ausgewechselt, doch 2012 geht genauso trübe zu Ende, wie es begonnen hatte: mit einer schmerzhaften Degradierung. Bereits im Januar entzog „Standard & Poor’s“ dem Land das „Triple A“ und stufte es auf „AA+“ ab. Je niedriger das Ranking, desto höher die Zinsen für Staatsanleihen auf den Finanzmärkten.

Frankreich ist ein Patient, der von vielen Malaisen befallen ist. Zwar beteuerte der Finanzminister auch nach dem „Moody’s“-Schock, dass er für 2013 weiterhin fest mit einem Wachstum von 0,8 Prozent rechne. Doch die EU geht allenfalls von einem mageren Plus von 0,4 Prozent aus. So bleibt ungewiss, ob Frankreich 2013 das von Brüssel vorgeschriebene Defizitziel (Neuverschuldung maximal drei Prozent der Wirtschaftsleistung) erreicht.

Die Arbeitslosigkeit ist in der Ära Sarkozy um eine Million Erwerbslose in die Höhe geschnellt. Unlängst durchbrach sie die gefürchtete Drei-Millionen-Schallmauer. Besonders prekär ist die Lage der jungen Generation. Durchschnittlich 25 Prozent der Jugendlichen sind ohne Job.

Von der boomenden Luxusgüterindustrie (LVMH, Hermès) abgesehen hat das Image des Labels „Made in France“ erheblich an Ausstrahlung verloren. Mangels attraktiver Produkte leidet die französische Wirtschaft unter einem bedrohlich wachsenden Außenhandelsdefizit. Während der Musterknabe von der anderen Rheinseite tiefschwarze Zahlen schreibt, verbuchte Frankreich 2011 ein 70-Milliarden-Euro-Defizit.

Frankreich auf dem Weg in die Rezession? Das britische Finanzmagazin „The Economist“, bekannt für seine orthodox-marktwirtschaftliche Ausrichtung, lässt in seiner jüngsten Titelgeschichte kein gutes Haar an Frankreich. „Die Zeitbombe im Herzen Europas“ lautet die Schlagzeile, die in Paris einen Sturm der Entrüstung entfachte. Das provokative Titelbild zeigt sechs Baguettes, die, mit einer Trikoloren-Schleife zusammengebunden und mit brennenden Zündschnüren versehen, aussehen wie ein Sprengsatz. Frankreich, so ätzt das Blatt im Innenteil, sei „die größte Gefahr“ für den Euro.

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