Finanzskandal wirft Schatten auf L’Oréal

Der Fall Bettencourt: Aktionäre vermuten die Veruntreuung von Gesellschaftsvermögen.

Paris. Die Affären rund um die L’Oréal-Milliardärin Liliane Bettencourt bringt das französische Unternehmen, das seinen Deutschland-Sitz in Düsseldorf hat, in negative Schlagzeilen. Die 87-Jährige steht im Zentrum eines Finanzskandals, der als Familienfehde begann und nun zur Staatsaffäre angeschwollen ist. Und es geht darum, wer in Zukunft die Kontrolle haben wird. Nach dem Tod der alten Dame könnte das Schweizer Unternehmen Nestlé den weltgrößten Kosmetikkonzern übernehmen.

Derzeit besitzt Liliane Bettencourt als Hauptaktionärin gut 30 Prozent der Aktien, Nestlé steht mit knapp 30 Prozent an zweiter Stelle. Ein Pakt sieht vor, dass beide Seiten sich bis 2014 die Aktien gegenseitig anbieten müssen, sollte eine der Parteien Anteile verkaufen wollen.

Nestlé könnte seine Anteile zudem frühestens sechs Monate nach dem Tod von Bettencourt aufstocken oder veräußern. Liliane Bettencourt fürchtet nichts mehr, als dass der Konzern, den sie "ihr Leben" nennt, der Kontrolle der Familie entzogen werden könnte.

Und sie verdächtigt ihre Tochter Françoise, dies im Schilde zu führen. Diese versucht derzeit, ihre Mutter für unmündig erklären zu lassen, weil sie sich von Freunden ausnehmen lasse. Françoise Bettencourt-Meyers bestreitet aber, dass sie an Nestlé verkaufen würde, wie Beobachter vermuten. Sie mache sich vielmehr Sorgen, dass ihre alte Mutter die Kontrolle über das Vermögen verliere.

Der Mutter-Tochter-Konflikt könnte L’Oréal gefährden. Ein Kleinaktionär erstattete wegen möglicher Veruntreuung von Gesellschaftsvermögen Anzeige gegen Unbekannt. Dabei geht es um einen hochdotierten 10-Jahres-Vertrag für den Vertrauten der alten Dame, François-Marie Banier. Der 63-Jährige soll seit 2002 jährlich 405000 Euro dafür bekommen, dass er L’Oréal in Mode- und Kunstfragen berät - reine Gefälligkeit, meint Kläger-Anwalt Frédérik-Karel Canoy.

Der Ursprung von L’Oréal beruht auf einem Haarfärbemittel, das Lilianes Vater, der Chemiker Eugène Schuller, 1907 entwickelte. Später entwickelte er das Sonnenschutzmittel Ambre Solaire. Heute zählt der Konzern zwei Dutzend Marken, etwa Lancôme, The Body Shop und Yves Saint Laurent. 2009 machte L’Oréal 17,5 Milliarden Euro Umsatz und 1,8 Milliarden Gewinn. Mit 64600 Mitarbeitern ist L’Oréal in 130Ländern präsent.

Derzeit hängt der Schatten der Finanzaffäre über dem Unternehmen. Liliane Bettencourt steht im Verdacht, den Fiskus betrogen zu haben. Zudem gibt es Spekulationen, dass Arbeitsminister Eric Woerth in seiner Zeit als Haushaltsminister aus Gefälligkeit auf eine gründliche Steuerprüfung verzichtet haben könnte. Bettencourt gilt als finanzielle Unterstützerin der Regierungspartei UMP, bei der Woerth Schatzmeister war. Es sollen auch illegale Spenden geflossen sein.

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