Betriebsrat der Deutschen Börse: Megafusion falsch

Frankfurt/Main/New York (dpa) - Der Betriebsrat der Deutschen Börse übt scharfe Kritik an der geplanten Megafusion mit der New Yorker Wall Street.

„Es bringt ja nichts, zwei Fußkranke zusammenzutun, um zu versuchen, daraus einen Gehenden zu machen“, sagte der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende, Johannes Witt, am Sonntag in einem dpa-Gespräch. Witt, der seit 1997 im Aufsichtsrat der Deutschen Börse AG sitzt, hält einen Abschluss der Gespräche in dieser Woche auch für wenig wahrscheinlich.

Das Unternehmen sollte erstmal selber wieder auf die Füße kommen und nicht seine „Schlagkraft und Reaktionsfähigkeit der nächsten Jahre in dieser Fusion aufbrauchen. Das ist verlorene Zeit, die wir eigentlich am Markt brauchen, und kostet obendrein noch viel Geld.“ Die Deutsche Börse und der New Yorker Börsenkonzern NYSE Euronext hatten in der vergangenen Woche fortgeschrittene Fusionsverhandlungen bestätigt.

Witt verspricht sich davon „nur Verlierer“: die Mitarbeiter, auf die sicher Stellenstreichungen zukämen, die Aktionäre und auch der Finanzplatz Frankfurt. „Die Musik spielt dann in New York.“

Die Deutsche Börse hatte in den vergangenen Jahren mehrfach erfolglos Großfusionen mit anderen Aktienhandelsplätzen angestrebt. „Aber jedes Mal hat es sich im Nachhinein gezeigt, dass es gut gewesen ist, dass es nicht zu den entsprechenden Vorhaben gekommen ist“, sagte Witt.

Der Arbeitnehmervertreter erwartet nicht, dass es bei der Aufsichtsratssitzung am Dienstag (15.2.) in Frankfurt schon zu einer Beschlussfassung kommt. „Dafür geht das mit zu vielen Auswirkungen einher: auf die Politik, die Wirtschaft, den Kapitalmarkt und den Finanzplatz Frankfurt“. Es könne höchstens um eine „Richtungsentscheidung“ gehen.

Der Name für den geplanten Zusammenschluss steht bisher noch nicht fest. „Kein Name ist bislang abschließend gefunden worden, und wir erwarten eine Entscheidung über einen Namen erst zu einem späteren Zeitpunkt, nach dem erfolgreichen Abschluss der Fusionsverhandlungen“, teilte NYSE Euronext in Übereinkunft mit der Deutschen Börse mit.

Der Name dürfte auch keine große Bedeutung haben, da es sich nur um die neue Dachgesellschaft handelt. Allerdings hängen daran nationale Eitelkeiten, deshalb gilt auch eine neutrale Bezeichnung wie „Crossboard“ als denkbar. Mit der Bezeichnung „Deutsche“ möchten sich die New Yorker jedenfalls nicht anfreunden.

Die meisten „Marken“ für einzelne Börsensegmente könnten nach Einschätzung von Beobachtern erhalten bleiben. NYSE Euronext umfasst unter anderem die Aktienhandelsplätze in New York, Paris und Amsterdam, zur Gruppe Deutsche Börse gehören neben dem Aktienhandel in Frankfurt auch die gemeinsam mit der Schweizer Börse betriebene Terminbörse Eurex und der Wertpapierverwahrer Clearstream in Luxemburg.

Die Personalien sollen dabei nach einem Bericht des „manager magazin“ weitgehend geklärt sein. Demnach würde NYSE-Euronext-Chef Duncan Niederauer neben dem Posten des Vorstandschefs auch die Zuständigkeit für den Aktienmarkt in dem neuen Konzern erhalten - was keine Überraschung wäre. NYSE Euronext hat seine Stärken im prestigeträchtigen, aber durch alternative Handelsplattformen unter Druck geratenen Aktiengeschäft, die Deutsche Börse in anderen Segmenten.

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