Finanzkrise: Obama greift an Wall Street durch

Der neue US-Präsident plant schärfere Kontrollen. Die Regeln sollen rund um den Globus gelten.

Washington. Der neue US-Präsident Barack Obama drückt aufs Tempo. Er hat seinen Wählern versprochen, hart durchzugreifen. Und so schnell wie möglich will er den US-Finanzsektor, der die Welt in die Rezession getrieben hat, neu regeln und schärfer kontrollieren. Das Banken- und Börsenzentrum der USA, die Wall Street, muss mit harten Schnitten rechnen. Unterstützt wird Obama seit gestern von seinem im Senat bestätigten Finanzminister Timothy Geitner, der unverzüglich die Regeln verschärfen will.

Was die neue Regierung vorhat, ist zwar erst in groben Zügen bekannt. Als Leitfaden dient ihr dabei ein "Rahmenplan zur Finanzstabilität", den kürzlich der frühere US-Notenbankpräsident Paul Volcker, ein Obama-Berater, entworfen hat. Auf die lange Bank kann Obama die Neuordnung der Finanzmärkte nicht schieben, auch wenn er derzeit vordringlich die Rezession mit einem 825-Milliarden-Dollar-Konjunkturpaket bekämpfen will. Bis zum 30.April muss die Regierung Vorschläge für eine Neuordnung der Finanzmärkte machen. Das war Voraussetzung für den Banken-Rettungsplan vom vergangenen Oktober. Die G20-Staaten wollen beim nächsten Weltfinanzgipfel in London dann bereits konkrete Schritte vereinbaren.

Vorgesehen ist, jene Kreditinstitute, die von dem 700 Milliarden Dollar teuren Rettungspaket für angeschlagene Banken profitiert haben, an striktere Konditionen binden. Anstatt ihren Managern überzogene Gehälter zu zahlen und Dividenden auszuschütten, sollen die verlustreichen Banken Eigenheimbesitzern helfen, durch Refinanzierungsangebote die Zwangspfändung abzuwenden und sowohl für Verbraucher als auch Unternehmen den Kredithahn wieder aufdrehen. Banken, die sich weigern, diese Bedingungen zu erfüllen, könnten von künftiger Staatshilfe ausgeschlossen werden.

Deutlich strengere Regeln werden auch für Ratingagenturen gelten, die nach Ansicht von Geithner einen großen Teil der Verantwortung für die Finanzkrise tragen. In vielen Fällen hatten die Ratingagenturen Banken geholfen, hochriskante Häuserkredite in ebenso riskanten Anleihen zu bündeln und dafür Gebühren kassiert. Dann aber stuften dieselben Agenturen die gefährlichen Wertpapiere als "kreditwürdig" ein, um Investoren zum Kauf zu animieren. Geithner will die Kompetenzen der Agenturen stark einschränken, um Interessenkonflikten vorzubeugen.

Schärferer Aufsicht werden sich außerdem Hedgefonds sowie Kreditmakler unterwerfen müssen, die einkommensschwachen Hauskäufern zu kostspielige Darlehen angedreht hatten. Die Vergabe der Häuserkredite, die sich durch einen Lockzins auszeichneten, der innerhalb weniger Jahre aber auf das Zwei- bis Dreifache steigt und zu einer Welle von Zwangsversteigerungen geführt hat, sollen stärker überwacht oder sogar verboten werden.

Besondere Aufmerksamkeit will die Regierung risikoreichen Finanzderivaten wie jenen umstrittenen Credit Default Swaps (CDS) widmen, bei denen Spekulanten an der Krise sogar verdienen konnten, da sie mit jedem Kreditausfall eine Versicherungsleistung kassierten. Um mehr Transparenz sicherzustellen, sollen die Derivate künftig an streng überwachten Börsen gehandelt werden.

Für einige Vorhaben müssen Gesetze geändert werden, für andere reichen Verordnungen. Obamas Ziel ist es, ähnliche Regeln weltweit durchzusetzen. Europa macht mit, darf aber nicht dem Irrglauben unterliegen, dass die USA wichtige Teile ihrer Finanzaufsicht an globale Institutionen abgeben werden.

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