Experten streiten über Preisverfall beim Diesel

Fahrverbote für Dieselfahrzeuge drohen, die Fragen zur Nachrüstung sind offen: Bei Gebrauchtwagen ist die Lage verwirrend. Selbst Fachleute sind sich uneins, ob der Preisverfall gestoppt ist.

Experten streiten über Preisverfall beim Diesel
Foto: dpa

Düsseldorf. Der Preisverfall für gebrauchte Diesel-Pkw scheint gestoppt — trotz der anhaltenden Diskussion um Fahrverbote in zahlreichen Städten und der unklaren Lage bei Hardware-Nachrüstungen. „Aktuell können wir keinen Preisverfall feststellen“, sagen die Experten der Deutschen Automobil Treuhand (DAT), die den Markt seit Jahrzehnten beobachten. „Derzeit erhält man für einen drei Jahre alten Diesel-Gebrauchtwagen noch 52,9 Prozent des ehemaligen Listenpreises. Zwar seien je nach Fabrikat regional hohe Abweichungen bei den Preisen für gebrauchte Diesel möglich, „aber von einem Preisverfall zu sprechen, entspricht nicht der Realität“, heißt es auf Anfrage dieser Zeitung.

Ganz andere Töne schlägt Ferdinand Dudenhöffer an. Der Autoexperte von der Uni Duisburg sagt: „Selbstverständlich gibt es einen großen Preisverfall. Autohändler tun sich schwer, noch Euro 5 und auch Euro 6 in Zahlung zu nehmen.“

DAT bestreitet nicht, dass es für die Händler schwierig ist, gebrauchte Diesel-Pkw zu verkaufen. „Die Fahrzeuge stehen deutlich länger als vergleichbare Benziner“, lautet die Einschätzung. Aktuell stehen gebrauchte Diesel demnach im Schnitt 107 Tage auf dem Hof des Händlers, Benziner dagegen nur 84 Tage. „Das bedeutet, an den Diesel-Pkw ist es kaum noch möglich, Geld zu verdienen“, so die DAT.

Laut Dudenhöffer werden die alten Diesel für die Autohändler zum Drahtseilakt. „Die Verluste sind erst zu sehen, wenn die Fahrzeuge verkauft werden. Mit anderen Worten, man sitzt auf einer Zeitbombe“, so Dudenhöffer.

Wie sehr den Deutschen die Freude am Diesel vergangen ist, zeigen die Zahlen des Pkw-Neuwagenmarktes. Während 2015 jedes zweite fabrikneue Fahrzeug ein Selbstzünder war, liegt dieser Anteil inzwischen nur noch bei 31 Prozent. Mit weiter fallender Tendenz.

Und das Problem mit den viel zu hohen Stickoxid-Werten ist vielfach immer noch nicht gelöst. Dudenhöffer sagt, dass 95 Prozent aller Euro-6-Diesel den Grenzwert von maximal 80 Milligramm Stickoxid pro Kilometer nur im Labor und nicht auf der Straße einhalten. Auch das Umweltbundesamt geht davon aus, dass viele Euro-6-Diesel im Realbetrieb sechsmal mehr Stickoxide ausstoßen als erlaubt. Weil Diesel-Pkw die Hauptverursacher der hohen Schadstoffwerte in den Innenstädten sind, wird der seit 2010 gültige Grenzwert von 40 Mikogramm pro Kubikmeter weiter überschritten. Dudenhöffer geht davon aus, dass das 2018 in mindestens 37 Städten der Fall sein wird.

Abhilfe schafft die Abgasnorm Euro-6d-Temp. Aber erst ab September 2019 müssen alle neu zugelassenen Autos deren Vorgaben erfüllen. Die unterscheiden sich zwar nicht von denen der Euro-6-Norm, werden aber anders ermittelt — nicht im Labor, sondern auf der Straße. Dort dürfen sie 168 Milligramm Stickoxid pro Kilometer ausstoßen, also das 2,1-fache des Laborwertes. Trotzdem rät das Umweltbundesamt zum Kauf solcher Modelle, wenn es ein Diesel sein soll. Unbestritten hat der Selbstzünder auch Vorteile: geringer Kraftstoffverbrauch und wenig Ausstoß des Klimakillers Kohlendioxid (CO2).

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