Ende des Nokia-Traums

Der Handy-Hersteller zog 2008 von Bochum ins rumänische Cluj. Doch dort herrscht nun Ernüchterung.

Cluj. Letztes Jahr war Aufbruch in Cluj. Der finnische Elektronik-Riese Nokia verlegte seine Handy-Produktion von Bochum nach Rumänien, und in Cluj (Klausenburg), Hauptstadt des gleichnamigen Regierungsbezirks in Siebenbürgen, schien das goldene Zeitalter anzubrechen.

Dieses Jahr herrscht Trübsal - die globale Krise hat die Hoffnungen brutal zerstört. Einer nach dem anderen ziehen die großen internationalen Konzerne wieder ab. Der Kapitalismus, dessen Ankunft sie damals euphorisch feierten - sorry, Bochum! - zeigt seine hässliche Seite: Tschüss, Klausenburg.

Die vier Autokabel-Fabriken des japanischen Unternehmens ACE Fujikura - Hauptkunde Volkswagen - machen dicht. Von Transsylvanien wird die Produktion nach Marokko verlegt. 3000 Beschäftigte werden in den nächsten beiden Monaten die Entlassungspapiere in Empfang nehmen müssen. Hinzu kommen die Belegschaften zahlreicher kleinerer Zulieferer aus Cluj und Umgebung. Begründung des Fujikura-Managements: Angesichts sinkender Nachfrage seien die Arbeitskräfte in Rumänien zu teuer.

Die Behörden in Cluj schätzen, dass bis zum Frühling insgesamt 10000 Beschäftigte ihren Job verlieren werden. Nicht immer sind es Arbeitgeber aus dem Ausland, die sich andererseits orientieren. Der größte Arbeitgeber im nahegelegenen Dej, der Papier- und Zellulose-Produzent Somes SA, hat ebenfalls Entlassungen angekündigt. 400 Leute sind betroffen.

Nokia selbst gibt sich zugeknöpft. Die Tendenz ist klar: Das große Rad wird nicht mehr gedreht. Aus den angekündigten bis zu 5000 Stellen sind 3000 geworden. Das Dezembergeschäft war enttäuschend, weswegen die Verträge von 104 Mitarbeitern nicht verlängert wurden. Und wichtige Zulieferer stornieren ihrerseits das Engagement in Cluj: Der chinesische Gehäuse-Hersteller BYD verzichtet auf die geplante Niederlassung. Die skandinavische Hansaprint, die für die Nokia-Handys Verpackungen und Betriebsanleitungen drucken sollte, hat bis auf weiteres alle Investitionen in Rumänien auf Eis gelegt.

In der Lebensmittel-Branche ziehen die internationalen Großkonzerne Coca Cola und Kraft aus Transsylvanien ab. Italienische Kleidungs- und Schuhproduzenten sind angesichts gestiegener Löhne in Rumänien bereits nach Moldawien oder in die Ukraine abgewandert.

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