Droht eine Teuerungswelle?

Geldpolitik: Die Preise ziehen an. Doch die Mehrzahl der Ökonomen gibt sich noch gelassen.

Düsseldorf. Inflation — das Wort allein genügt schon, um vielen Deutschen Angstschweiß auf die Stirn zu treiben. Es ist die Horror-Vorstellung eines jeden Sparers: Das mühsam aufgebaute Vermögen auf der Bank wird von Monat zu Monat weniger wert. Doch während manche schon steigende Preise auf breiter Front prophezeien, gibt sich die Mehrzahl der Ökonomen noch gelassen.

Dass das Gespenst der Inflation in Deutschland immer wieder sein Unwesen treibt, liegt in der Geschichte begründet. Die Erfahrungen in den Wirren der Weimarer Republik, als die Kaufkraft quasi stündlich schrumpfte, haben sich ins Gedächtnis eingebrannt. „Preisstabilität ist vernünftig, aber in anderen Ländern lacht man schon, wenn die Deutschen sich heute wegen vermeintlich hoher Inflationsraten von drei oder vier Prozent Sorgen machen“, sagt Michael Frenkel, Rektor der WHU — Otto Beisheim School of Management.

Hauptsächlich werden zwei Ursachen für eine drohende Inflationsgefahr genannt: hohe Rohstoffpreise und die hohe Geldmenge im Markt als Folge der Krisenbewältigung. Vor allem der außer Rand und Band geratene Rohstoffmarkt werde sich bei der Entwicklung der Verbraucherpreise schon bald bemerkbar machen, warnt der Außenhandelsverband BGA. Zahlen des Statistischen Bundesamtes deuten eine solche Entwicklung an: Großhändler mussten 2010 im Schnitt 5,9 Prozent mehr ausgeben — ein Anstieg wie seit fast drei Jahrzehnten nicht mehr. Die Großhandelspreise gelten als ein Indikator für die Entwicklung der Verbraucherpreise.

Für die Verbraucher macht sich eine steigende Inflation unmittelbar im Geldbeutel bemerkbar: Ob Wohnen, Kosten für Sprit oder der Blick auf den Kassenzettel im Supermarkt — die Bürger müssen tiefer in die Tasche greifen. Zwar stiegen die Verbraucherpreise 2010 gerade einmal um 1,1 Prozent und lagen damit unter der Marke von knapp zwei Prozent, die für die EZB Preisstabilität bedeutet. Die Teuerung zog aber Ende des Jahres wieder an und lag schon bei 1,7 Prozent. In der Eurozone kletterte die Teuerung im Dezember erstmals seit mehr als zwei Jahren sogar auf 2,2 Prozent.

Ein Lösungsvorschlag richtet sich an die Währungshüter der Europäischen Zentralbank (EZB). Sie könnten den seit Mai 2009 auf dem Rekordtief von 1,0 Prozent verharrenden Leitzins erhöhen und so die Inflation bremsen. Eine Volkswirtschaft wie die deutsche würde damit nach Einschätzung führender Ökonomen vermutlich ohne größere Probleme fertig werden. Für angeschlagene Euroländer mit einer hohen Verschuldung dürfte das bezweifelt werden, denn für sie machen höhere Zinsen die Kapitalbeschaffung auf den Finanzmärkten noch teurer als ohnehin schon. Dennoch ist Michael Frenkel überzeugt: „Die Zinswende wird kommen, ganz sicher. Aber bestimmt in Mini-Schritten.“

„Investieren in Sachwerte“ lautet der Standardratschlag. Dazu zählen Immobilien, Aktien, Rohstoffe oder Gold und Silber. Die Idee ist, dass der Substanzwert solcher Anlagen hohe Inflationsraten oder sogar drastische Maßnahmen wie eine Währungsreform überdauert. Bargeld dagegen oder Spareinlagen sind dem Geldwertverlust fast schutzlos ausgeliefert. Experten geben jedoch zu Bedenken, dass beispielsweise Gold derzeit schon sehr teuer ist. Auch der Kauf einer Immobilie müsse gut überlegt werden. Dies sei eine „Investition fürs Leben“, sagt Annabel Oelmann von der Verbraucherzentrale NRW. Hier spiele die aktuelle finanzielle Lage eine wichtige Rolle. „Mindestens 20 Prozent Eigenkapital sollten Käufer mitbringen, besser 30 Prozent.“ Nur aus Angst vor einer Inflation sollte niemand eine Immobilie kaufen.

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