DIW: Immer mehr junge Erwachsene leben von Niedriglohn

Berlin (dpa) - Jeder dritte junge Erwachsene in Deutschland muss mit Einkommen unter der Niedriglohn-Schwelle auskommen. Dies geht aus einer am Donnerstag vorgestellten Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) hervor.

Danach steigt der Anteil der Geringverdiener bei jüngeren Arbeitnehmer deutlich stärker als im deutschen Durchschnitt. Nicht einmal jeder zweite schaffe innerhalb von fünf Jahren des Aufstieg auf ein höheres Einkommensniveau. Einziger Trost: Junge Geringverdiener könnten ihre Niedriglohn-Jobs dennoch häufiger als Karriere-Sprungbrett nutzen als ihre älteren Kollegen, sagt Wissenschaftler Daniel Schnitzlein. Als Niedriglohngrenze wurden zwei Drittel des Durchschnittslohns angenommen - in Westdeutschland ein Stundenlohn von 9,53 Euro, im Osten von 7,22 Euro.

Deutlich bessere Aufstiegsmöglichkeiten hätten junge Erwachsene bei guter Ausbildung und Vollzeitbeschäftigung in einem großen Unternehmen. Problematisch wertete der Wissenschaftler allerdings die Situation von Frauen, deren Chance auf einen Karrieresprung elf Prozent niedriger liege als bei Männern.

Auch in der Politik werde die zunehmende Einkommensungleichheit in Deutschland inzwischen als Problem gesehen, sagte der DIW-Experte Markus Grabka. Dem Statistischen Bundesamt zufolge ist das Einkommen des oberen Fünftels der deutschen Bevölkerung inzwischen 4,5 Mal so hoch wie das des unteren Fünftels. Die Schere zwischen Arm und Reich klaffe immer mehr auseinander, betonte Grabka. Zugleich setze sich in der Politik aber die Erkenntnis durch, „dass man Wachstum auch ohne mehr Ungleichheit realisieren kann.“

Zum Ausgleich der Einkommenslücke bringt das DIW Steuermodelle ins Gespräch, die dem Staat mehr Geld zur Umverteilung in die Kassen spülen sollen. Eine Vermögenssteuer von 0,5 Prozent, die gezielt die rund 400 000 Millionäre belaste, könnte jährlich etwa 9,4 Milliarden Euro einbringen, hat Wissenschaftler Stefan Bach errechnet. Ein weiterer Vorschlag: eine Luxussteuer von zehn Prozent auf alle Güter, die mehr als 10 000 Euro kosten. Wer weniger als 125 000 Euro im Jahr verdient, soll sich das Geld bei der Steuererklärung zurückholen können.

Um die Einkommensunterschiede auszugleichen, dürfe das über die Steuern eingenommene Geld aber nicht einfach zur Erhöhung des Hartz-IV-Satzes eingesetzt werden, betonten die Wissenschaftler. Eine simple Umverteilung könne in der Bevölkerung falsche Anreize schaffen. Der konkrete fiskalische Nutzen der Steuervorschläge sei nicht berechnet worden, erklärte Grabka. „Wir wollten einfach Ideen geben, an welchen Stellschrauben man ansetzen könnte.“

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