Beginn am Donnerstag Diesel-Schatten über IAA

Frankfurt/Main (dpa) - Unmittelbar vor dem Beginn der Internationalen Automobilausstellung (IAA) hat die Diesel-Debatte die deutsche Autoindustrie weiter im Griff.

Beginn am Donnerstag: Diesel-Schatten über IAA
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Die Hersteller wollen auf der am Donnerstag in Frankfurt startenden Autoschau vor allem Kompetenz in den Zukunftsfeldern alternativer Antriebe und digitaler Anwendungen beweisen. Doch einstweilen sorgen sinkende Restwerte gebrauchter Dieselautos für schlechte Stimmung in der Branche.

In Werkstätten und Autohäusern herrscht laut einer Verbandsumfrage eher miese Stimmung. Die Betriebe verzeichneten im laufenden dritten Quartal einen schleppenden Geschäftsverlauf und seien auch bis zum Jahresende pessimistisch, schilderte der Zentralverband Deutsches Kfz-Gewerbe (ZDK) am Montag die Lage. Von Herstellern ausgelobte Abwrackprämien für alte Diesel spielen noch keine große Rolle.

Die Preise für umweltschädliche Diesel-Gebrauchtwagen werden nach Einschätzung des Marktbeobachters Schwacke weiterhin deutlich unter Druck stehen. Sinkende Nachfrage seitens verunsicherter Kunden und ein steigendes Angebot insbesondere aus den Flotten der Unternehmen würden zu sinkenden Restwerten führen, berichtete der Dienstleister.

Umgekehrt stiegen die im Angebot knappen Benziner bei steigender Nachfrage relativ im Wert, erwartet Schwacke. Hier sei aber immer die Relation zu derzeit recht günstigen Neuwagen zu beachten, die von den Herstellern unter anderem über hohe Abwrackprämien angeboten werden.

Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) mahnte Weichenstellungen für neue Antriebe an, um die Klimaschutzziele zu erreichen. „Autos mit Verbrennungsmotoren wird man Mitte des Jahrhunderts nur noch sehr vereinzelt im Straßenbild sehen. Das sind dann echte Oldtimer“, sagte sie der dpa. Es gehe nicht darum, jetzt zu sagen, wann die letzten Verbrenner zugelassen würden. „Aber wir müssen uns auf einen Pfad verständigen, der die deutsche Automobilindustrie tatsächlich in die Zukunft führt und damit deren Stellung und Wettbewerbsfähigkeit auf Dauer sichert.“

Die deutschen Hersteller lehnen es ab, ältere Diesel mit baulichen Veränderungen sauberer zu machen, wie Hendricks erneut verlangt hatte. Änderungen der Hardware seien bei einer Vielzahl von Modellen nicht möglich, sagte VDA-Präsident Matthias Wissmann. Er wies zudem auf mögliche technische Probleme und lange Genehmigungsverfahren hin. Ihre beim Diesel-Gipfel gegebenen Zusagen zu Software-Nachrüstungen würden die Hersteller hingegen so erfüllen, erklärte Wissmann.

Der Verband will bei der IAA den „Megatrend“ Digitalisierung zeigen. Allein in das vernetzte und automatisierte Fahren investiere die deutsche Industrie bis zum Jahr 2020 zwischen 16 und 18 Milliarden Euro, in alternative Antriebe im selben Zeitraum rund 40 Milliarden Euro. Die Zahl der Elektromodelle deutscher Hersteller werde sich von heute 30 auf 100 mehr als verdreifachen. Im Jahr 2025 rechnet der VDA mit einem Elektro-Marktanteil zwischen 15 und 25 Prozent.

Wegen der hohen Entwicklungsinvestitionen will Daimler bei seiner Hauptmarke Mercedes-Benz die Kosten drücken. „Um sicherzustellen, dass wir so profitabel bleiben, wie wir sind, haben wir ein neues Programm aufgelegt, dass uns einen Schub von zusätzlichen 4 Milliarden Euro über die kommenden Jahre bringen soll“, sagte Vorstandschef Dieter Zetsche in Sindelfingen auf einer Investorenveranstaltung. Gespart werden soll unter anderem durch eine schnellere Markteinführung neuer Produkte sowie geringere Material- und Produktionskosten. Elektroautos hätten zumindest am Anfang eine deutlich geringere Gewinnspanne als die Mercedes-Modelle mit Verbrennungsmotor, sagte Sparten-Finanzchef Frank Lindenberg.

Beim vom französischen PSA-Konzern übernommenen Hersteller Opel gärt es derweil. Im Werk Eisenach sind Berichten zufolge Vorbereitungen für den Bau des neuen Mokka unterbrochen worden, der noch auf General-Motors-Technik basiert. Möglicherweise werden Einsparmöglichkeiten geprüft. Ein Firmensprecher erklärte, dass es keinen neuen Sachstand gebe. Die Jobs der Opel-Beschäftigten sind per Tarifvertrag bis Ende 2018 gesichert, wie auch PSA-Chef Carlos Tavares am Wochenende noch einmal in einem Interview bestätigt hatte.

Darüber hinaus sorgte der Artikel über Tavares und Opel-Chef Michael Lohscheller allerdings für Unmut. Beide Automanager hatten sich am Nürburgring in Rennanzügen fotografieren lassen. Tavares hatte erneut deutlich gemacht, dass allein dauerhafte Gewinne die Jobs bei Opel sichern könnten. „Wir halten nichts von solchen öffentlichen Selbstinszenierungen“, teilte der Gesamtbetriebsrat in einem internen Rundschreiben mit. Die Aussagen würden der Marke schaden.

Bei der 67. IAA für Pkw, die am Donnerstag von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) eröffnet wird, sind laut VDA 994 Aussteller vertreten, rund 100 weniger als bei der letzten Ausgabe im Jahr 2015. Auf der Sonderschau „New Mobility World“ sind auch zahlreiche IT-Anbieter vertreten. Gezeigt werden dem Verband zufolge 363 Innovationen, darunter 228 Weltpremieren. Beides seien Rekordwerte. „Eine Schrumpf-IAA muss niemand befürchten, meinte Wissmann.

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