Die Märklin-Züge sind entgleist

Deutsche Kultmarke erhält von Banken keinen Kredit mehr. Die Mitarbeiter bangen.

Nürnberg. Das Unheil hatte sich schon angedeutet, auf der Nürnberger Spielwarenmesse wurde es amtlich: Der Modelleisenbahner Märklin hat in Göppingen Insolvenz angemeldet. Die Verhandlungen mit den Banken, die Kreditlinien von 50 Millionen Euro nicht verlängerten und einen Überbrückungskredit von fünf Millionen Euro nicht bewilligten, sind gescheitert. Hintergrund könnte sein, dass hinter Märklin wie bei vielen Autozulieferern eine "Heuschrecke" steht, und zwar der britische Finanzinvestor Kingsbridge.

Märklin-Geschäftsführer Dietmar Mundil (66), dessen Ausscheiden zum Sommer bereits feststeht, will zwar nach eigenen Angaben das "Traditionsunternehmen mit Kultstatus mit den Instrumenten des deutschen Insolvenzrechts sanieren".

Und Märklin werde auf der Spielwarenmesse mit 400 neuen Produkten die Zukunftsfähigkeit unter Beweis stellen. Branchenexperten sind aber skeptisch und glauben, dass das Unternehmen wieder in die Marken Märklin, Trix und LGB (Gartenbahnen) zerschlagen wird. Teile davon könnten nach Asien gehen, die Marke werde weiterleben.

Nach Gewerkschaftsangaben gab Kingsbridge zu viel Geld für Berater aus und sorgte mit ständigen Wechseln in der Geschäftsführung für Unruhe unter der 1050-köpfigen Belegschaft. Märklin ist an Management-Fehlern gescheitert, meinen viele.

"Es war niemand mehr da, der die Marke gelebt hat", sagte der Geschäftsführer des Spielwaren-Einkaufsverbundes idee+spiel, Otto Umbach. Er ist überzeugt, dass das Unternehmen eine Zukunft hat. Entscheidend sei aber, dass künftige Inhaber "Herzblut" mitbrächten. "Wir wünschen uns Unternehmer, nicht Kapitalgesellschaften."

Letztlich mangelte es auch daran, die Wünsche der Kinder zu erfüllen und so die Kundschaft von morgen zu sichern. Auf wegsterbende Sammler könne eine Firma kein Geschäftsmodell aufbauen, hieß es in einem Internet-Blog. "Alle in der Branche haben Fehler gemacht", sagte Frederik Braun, Inhaber des Hamburger Miniatur Wunderlandes, der größten Modellbahnanlage Deutschlands.

Die Hersteller hätten sehr spät erkannt, dass die Konkurrenz heute das Internet und die Playstation seien. Modellbahnen seien lange in der hintersten Ecke versteckt worden.

Doch eigentlich hatte Märklin langsam wieder Fahrt aufgenommen. Der Hersteller habe damit begonnen, die Kinderzimmer zurückzuerobern - mit Themen, die Kinder interessieren, mit einem Harry-Potter-Zug etwa, meinte Braun. "Modell-Eisenbahnen sind jetzt wieder in den Spielzeugläden zu finden."

Und so konnte zumindest der Umsatz im vergangenen Geschäftsjahr leicht auf 128 Millionen Euro gesteigert werden. Der nicht veröffentlichte Ertrag ließ aber weiter zu wünschen übrig. Von bis zu 20 Millionen Euro Verlust ist in der Branche die Rede.

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