Der Preis der Jeans: Wie viel darf Kleidung kosten?

Nach den dramatischen Unglücken in Textilfabriken in Bangladesch rücken die Arbeitsbedingungen in den Fokus.

Berlin. Das dramatische Unglück in einer Textilfabrik in Bangladesch mit mehr als 1000 Toten hat die Arbeitsbedingungen in den Fabriken ins Licht gerückt. Auch in Deutschland verkaufte Ware wird dort produziert.

„Das Meiste, was hier verkauft wird, kommt aus Asien“, sagt der Hauptgeschäftsführer des Modeverbands German-Fashion, Thomas Rasch. Laut Statistischem Bundesamt importierte Deutschland 2012 gut 1,17 Millionen Tonnen Bekleidung im Wert von 25,8 Milliarden Euro aus 130 Ländern. Ein Drittel kam aus China, mit Abstand folgen Bangladesch, die Türkei und Indien.

Viele Näherinnen bekommen nach Informationen der Kampagne für Saubere Kleidung (CCC) nicht genug Geld, um sich und ihre Familien ausreichend zu ernähren. Dazu kämen sehr lange Arbeitszeiten und Sicherheitsmängel wie vergitterte Fenster und verriegelte Notausgänge.

Auch hochpreisige Kleidung wird oft in Asien genäht. „Der Verkaufspreis eines T-Shirts bei uns gibt keinen Aufschluss darüber, wo es hergestellt ist“, sagt Kirsten Clodius von CCC. In einer Fabrik werde oft für mehrere Auftraggeber gearbeitet. Darunter seien auch hochwertige Markenhersteller, räumt auch Rasch ein.

Diese Markenhersteller machen ein besonders gutes Geschäft: Die Kampagne für Saubere Kleidung rechnet damit, dass die Lohnkosten einer in Asien genähten 100-Euro-Jeans bei einem Euro liegen. Die Werbung mache 25 Euro aus, 50 Euro stecke der Handel ein.

Nein. Die Näherinnen hätten ihre Organisation selbst darum gebeten, keine Boykottaufrufe zu starten, berichtet Clodius. Sie hätten Angst, ihre Arbeitsplätze zu verlieren. Laut Rasch könnte ein Boykott in Bangladesch 70 Prozent der Textil-Industrie zusammenbrechen lassen.

Darüber gibt es Streit. Der Modeverband sieht Produktionschefs und Politiker in den Herstellerländern in der Pflicht. Dort herrsche viel zu oft „ein Raubtierkapitalismus“, sagt Rasch. Auch Kunden aus Deutschland könnten helfen: „Ich darf keine Jeans für 9,90 Euro kaufen!“ Diese Preise seien mit normalen Arbeitsbedingungen nicht zu erreichen. CCC hält dagegen, dass auch hochpreisige Kleidung in den asiatischen Fabriken produziert wird.

Nach Berechnungen von Verdi würden ein T-Shirt oder eine Bluse zwölf Cent mehr kosten, wenn deutsche Textilhändler in ihrer Kalkulation für jede Näherin im Monat 50 Euro mehr berücksichtigen würden. Damit würden viele Arbeiter etwa doppelt so viel verdienen wie jetzt.

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