Der Kampf der Familie Renault

Sieben Enkel klagen auf Entschädigung gegen Frankreich.

Paris. Eigentlich läuft’s blendend für Renault: Mit Superstar Sebastian Vettel feiern die Franzosen eine Konstrukteursweltmeisterschaft nach der anderen, und mit ihren E-Autos düsen sie erfolgreich in die Zukunft. Doch nun legt sich der Schatten der Vergangenheit über den Autokonzern. Denn seit Mittwoch rollt das Pariser Landgericht die Verstaatlichung aus dem Jahre 1945 wieder neu auf, sieben Enkel des Konzerngründers Louis Renault dringen nachträglich auf Entschädigung.

Im Mittelpunkt steht die heikle Frage: Wie tief war der Autopionier in die Kollaboration mit Hitler-Deutschland verstrickt?

Kaum ist Frankreich von der Nazi-Herrschaft befreit, lässt General De Gaulle Anfang 1945 ein Exempel statuieren und Renault drakonisch bestrafen. Auf einen Schlag fällt das milliardenschwere Familien-Imperium an den französischen Staat. Für die Familie gibt’s nicht einen Centime Entschädigung. „Ein einmaliger und beispielloser Vorgang“, empört sich Thierry Lévy, der Anwalt der klagenden Renault-Enkel.

Louis Renault, Jahrgang 1877, sollte die Enteignung nicht mehr miterleben. Im September 1944 stellte er sich der Polizei, einen Monat später starb er in einem Gefängniskrankenhaus, ohne verurteilt worden zu sein.

Dreißig Jahre zuvor war derselbe Louis Renault zum gefeierten Kriegshelden aufgestiegen, weil seine Panzer und Lastwagen mithalfen, den Ersten Weltkrieg gegen den deutschen Kaiser zu gewinnen. Dafür schlugen sie ihn zum Offizier der Ehrenlegion. Über Renaults verhängnisvolle Kollaboration mit Hitler führen Frankreichs Historiker schon seit Jahren einen erbitterten Streit. „Louis Renault handelte unter Zwang“, sagt Anwalt Thierry Lévy.

Fest steht, dass Louis Renault auffällig die Nähe zu den neuen Machthabern pflegte. „Zuhause haben wir nie darüber gesprochen“, sagt Hélène Renault. Erst später habe sie begriffen, dass sie die Enkelin eines Kollaborateurs ist. Seit etwa zehn Jahren kämpft sie mit den anderen Enkeln um die Rehabilitation ihres Großvaters.

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