Commerzbank will Kapitalloch ohne Staatshilfe stopfen

Frankfurt/Main (dpa) - Mit einem ausgeklügelten Plan will die Commerzbank erneute Staatshilfe vermeiden und ihr gigantisches Kapitalloch aus eigener Kraft stopfen. Um 6,3 Milliarden Euro will der teilverstaatlichte Dax-Konzern sein Kernkapital und damit seinen Risikopuffer für Krisenzeiten stärken.

Das ist sogar eine Milliarde mehr als die europäische Bankenaufsicht EBA als Folge des jüngsten Stresstests von der deutschen Nummer zwei verlangt. Die Bundesregierung begrüßte die am Donnerstag veröffentlichten Pläne. Allerdings verweist sogar die Bank selbst auf Unsicherheiten.

Die Milliarden kratzt die Commerzbank vor allem durch den Abbau von Risikogeschäften und das Einbehalten von Gewinnen zusammen. Commerzbank-Chef Martin Blessing versicherte: „Alles was Bezug zu unseren Kernmärkten hat, nehmen wir vom Rückbau unserer Risikoaktiva aus.“ Neben Deutschland ist damit vor allem Polen gemeint. Die Bank werde alles gegen eine Kreditklemme im Mittelstand tun.

Aufsichtsratschef Klaus-Peter Müller gab den Vorstandsplänen Rückendeckung. Die Commerzbank werde nicht erneut um staatliche Unterstützung nachfragen, sagte Müller am Donnerstagabend beim Neujahrsempfang des Parlamentskreises Mittelstand im Bundestag. Er gehe davon aus, dass die Pläne von den Aufsichtsbehörden unverändert akzeptiert werden, betonte Müller.

In der Summe will der Frankfurter Konzern bis zum 30. Juni 2012 auf eine harte Kernkapitalquote von mehr als 11,0 Prozent kommen. Die EBA verlangt von Europas Banken zu diesem Stichtag eine Quote von mindestens 9,0 Prozent. „In Bezug auf unsere Kapitalausstattung steht die Commerzbank derzeit gut da“, sagte Blessing. Der Manager hatte immer wieder betont, er werde nicht noch einmal - wie in der Finanzkrise 2008/2009 - Hilfe vom Staat in Anspruch nehmen. Der Bund ist derzeit mit 25 Prozent größter Einzelaktionär der Commerzbank.

Zusätzliches Kapital in Höhe von 3,0 Milliarden Euro ist nach Angaben der Bank bereits in der Bilanz - unter anderem dank eines Milliardengewinns im vierten Quartal. Im Gesamtjahr 2011 verdiente das Institut trotz der Euro-Schuldenkrise nach vorläufigen Zahlen mit 1,6 Milliarden Euro rund 200 Millionen Euro mehr als ein Jahr zuvor.

Weitere 3,3 Milliarden Euro der Kapitallücke sollen im ersten Halbjahr 2012 geschlossen werden - unter anderen plant die Bank mit rund 1,2 Milliarden Euro Gewinn, die sie in den Krisenpuffer stecken kann. Allerdings bleiben Fragen. Die Commerzbank selbst sprach von einem weiterhin „herausfordernden“ Marktumfeld.

Zudem gilt es als nicht unwahrscheinlich, dass auf die Institute im Falle Griechenlands weitere Abschreibungen zukommen. Bislang preist die Commerzbank den Wert ihrer griechischen Staatsanleihen mit 48 Prozent des Nominalwertes ein. Im Gespräch sind Abschreibungen auf bis zu 30 Prozent. Blessing erklärte, der Kapitalplan sehe einen Puffer von 950 Millionen Euro für Griechenland vor.

Die Zukunft ihrer Sorgentochter Eurohypo ließ die Commerzbank weiter offen. Zuletzt hatte es Spekulationen gegeben, der Dax-Konzern werde die profitablen Teile des Staats- und Immobilienfinanzierers eingliedern und den Großteil abwickeln. „Wasserstandsmeldungen zwischendurch geben wir nicht“, sagte Blessing. Nach einer EU-Auflage muss die Eurohypo als Gegenzug für die in der Finanzkrise 2008/2009 erhaltene Steuermilliarden bis Ende 2014 verkauft werden.

Die Finanzministerium in Berlin erklärte: „Nun müssen die vorgelegten Pläne zunächst aufsichtlich geprüft werden.“ Die Pläne werden an diesem Freitag (20.1.) der deutschen Finanzaufsicht Bafin zur Prüfung vorgelegt und gehen anschließend zur EBA nach London.

Hochrangige EBA-Beamte sagten der „Financial Times“ (Donnerstag) - allerdings vor Veröffentlichung des Plans - es erscheine „fast unausweichlich“, dass die deutsche Nummer zwei erneut auf Staatshilfe zurückgreifen müsse. Blessing betonte, die Commerzbank werde ihren Plan umsetzen, unabhängig vom EBA-Votum.

Die Commerzbank-Aktien reagierten mit einem Kurssprung auf die Vorlage des Kapitalplans. Das zuletzt schwer gebeutelte Papier wies zum Börsenschluss am Donnerstag ein Plus von mehr als 14 Prozent.

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