Chinas Dumping-Politik: Stahl-Industrie will Härte zeigen

Trotz Rekordgewinnen und glänzender Aussichten braut sich ein Konflikt im weltweiten Stahlmarkt zusammen.

Berlin. In der deutschen Stahlindustrie jagt ein Rekord den nächsten. Der seit Jahrzehnten kräftigste Aufschwung in der Branche beschert den Konzernen wie Thyssen-Krupp goldgeränderte Bilanzen - und doch wollten sich die Manager vor Beginn der Weltstahlkonferenz in Berlin nicht so recht freuen. Zu sehr bereitet ihnen die Konkurrenz aus China Sorgen, die mit dem Import von Dumping-Produkten die Erfolge der vergangenen Jahre bedroht.

Der deutsche Branchenverband zeigte sich alarmiert. Vielfach werde chinesischer Stahl zu Preisen unter Produktionskosten in Europa angeboten, kritisierte Verbandspräsident Dieter Ameling. Die meisten chinesischen Stahlunternehmen seien weit entfernt von marktwirtschaftlichen Strukturen. "Etwa 95 Prozent der Unternehmen befinden sich in staatlicher Hand und hängen am Tropf der Subventionen. Außerdem produzieren sie vielfach ohne Rücksicht auf Umweltschutz", kritisierte Ameling.

Bereits in diesem Jahr werde China die Stahlexporte in die Europäische Union verdoppeln. Im vergangenen Jahr haben sich die Chinesen mit einem Exportüberschuss von gut 32 Millionen Tonnen erstmals zu einem bedeutenden Nettoexporteur entwickelt, nachdem sie zuvor stets mehr Stahl importiert hatten.

Eindringlich warnte auch Deutschlands größter Stahlkonzern Thyssen-Krupp vor der Gefahr aus Fernost. "Die Chinesen lernen relativ schnell", beschrieb Thyssen-Krupp-Chef Ekkehard Schulz den rasanten Prozess. Zugleich verwies er auf staatliche Subventionen für chinesische Stahlwerke, die daher ihre Produkte auf dem europäischen Markt verscherbeln könnten.

Schulz sprach von einem "strukturellen Problem in China", das nur die Politik lösen könne. Die Produktion werde weiter ausgeweitet, während alte Anlagen nicht - wie von der Zentralregierung in Peking versprochen - stillgelegt worden seien. Die Folge sind drastisch sinkende Stahlpreise in China, wie der Chef der Thyssen-Krupp-Stahlsparte Karl-Ulrich Köhler sagte. Die Auswirkung für Deutschland: "Die Exporteure suchen nach Regionen mit höheren Stahlpreisen."

Die Globalisierung, von der Deutschland wie kaum ein anderes Land profitiert, hat auch ihre hässlichen Seiten. Es ist ein Ärgernis, wenn Stahl in maroden chinesischen Werken bei miserablen Umweltschutz- und Arbeitsbedingungen produziert und danach rund um die halbe Welt nach Deutschland verschifft wird. Und dennoch sollten sich die Unternehmen davor hüten, leichtfertig dem Protektionismus das Wort zu r+eden. Bei einem globalen Wettlauf der Handelsbeschränkungen droht der Exportnation Deutschland insgesamt Schaden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort