Chefposten: Überraschungscoup bei Siemens

Der Pharma-Manager Peter Löscher wird Kleinfeld-Nachfolger bei Siemens. Damit hatte niemand im Umfeld gerechnet.

München. Dem neuen Siemens-Aufsichtsratschef Gerhard Cromme ist ein Überraschungscoup gelungen: Der Pharma-Manager Peter Löscher (49) wird neuer Vorstandschef des krisengeschüttelten Siemens-Konzerns. Mit diesem Namen hatte niemand der Beobachter gerechnet. Mit der schnellen Bestellung will der Aufsichtsrat, der extra dafür an einem Sonntag in München getagt hatte, Ruhe in den Elektrokonzern bringen.

Für den gebürtigen Österreicher ist der Job eine große Ehre

Der gebürtige Österreicher Löscher sparte nicht mit Lob über seinen neuen Arbeitgeber: "Es ist für mich eine außerordentliche Ehre und große Herausforderung Vorstandsvorsitzender von Siemens zu werden", sagte er. Bisher war Löscher Präsident für die menschliche Gesundheitssparte des amerikanischen Pharmakonzerns Merck & Co. "Zusammen mit meiner Frau und meinen Kindern komme ich gerne wieder zurück nach Deutschland", erklärte Löscher. Er tritt sein Amt zum 1. Juli an. Sein Vorgänger Klaus Kleinfeld, der an den Siemens-Affären gescheitert war, kann damit zum 30. Juni sein Amt niederlegen - und Waldlauf machen, wie er es sich wünschte. Cromme bezeichnete Löscher als "aufrechte Persönlichkeit", dem er es zutraue, Siemens aus der gegenwärtigen Situation in eine gute Zukunft zu führen. IG- Metall-Vize Berthold Huber begrüßte die Entscheidung. "Wir hoffen, dass die Führungskrise damit erledigt wird, sagte er. Löscher habe versprochen, keine "Kahlschlagpolitik" zu betreiben.

Weltoffener Pharma-Manager

Lebenslauf: Der Lebenslauf des neuen Siemens-Chefs Peter Löscher liest sich wie eine Liste der Top-Adressen der Pharma-Branche. Bei Hoechst, Aventis, GE Healthcare, Merck & Co. war der 49-Jährige schon im Einsatz - allerdings kaum in der ersten Reihe. Zuletzt zeichnete er beim US-Pharmakonzern Merck als President Global Human Health für das Geschäft mit Impfmitteln und Medikamenten in den USA, Asien, Europa, dem Nahen Osten und Afrika verantwortlich. Persönlichkeit: Der "globale Hintergrund" und ein "hohes internationales Renommee" waren es denn auch, was Siemens-Aufsichtsratschef Gerhard Cromme besonders hervorhob, als er Löscher als "herausragende Persönlichkeit" präsentierte. Vor Antritt seines Jobs bei Merck & Co. 2006 führte Löscher für GE Healthcare eine Tochter in Großbritannien, für Aventis eines Tochter in Japan, und leitete das operative Geschäft des britischen Pharma-Konzerns Amersham, bis dieser von General Electric (GE) gekauft wurde. In den 90er Jahren war er für den Hoechst-Konzern in den USA, Spanien, Japan und auch in Deutschland im Dienst. Geboren am 17. September 1957 im österreichischen Villach, studierte Löscher Wirtschaftswissenschaften an der Universität Wien sowie an der Chinese University of Hong Kong und machte ein MBA an der Harvard Business School. Erfahrung: Während die internationale Erfahrung für den smarten Manager bei Siemens sicher im Tagesgeschäft von Nutzen sein wird, muss er bei dem krisengeschüttelten Konzern auch die von Vorgänger Kleinfeld hinterlassene Korruptionsaffäre lösen, die noch unabsehbare Folgen nach sich ziehen könnte.

KOMMENTAR: "Feuer-Löscher"

Ingo Faust,WZ-Redaktion
Kaum für den Chefposten bei Siemens bestellt, hat Peter Löscher seinen Spitznamen bereits weg: Der "Feuer-Löscher". Denn im Elektrokonzern lodern nach den Affären noch zahlreiche Brandherde, und die muss der gebürtige Österreicher schnell löschen. Ob er das kann, weiß niemand. Denn bis Sonntag war Löscher unter Medienbeobachtern ein "Nobody" - es existierte nicht einmal ein Foto. Aber sein Oberaufseher Gerhard Cromme, ein "alter Fuchs", wird schon wissen, wen er sich und wofür ins Haus geholt hat. Zuletzt war Löscher bei Merck für Pharma zuständig. Ein paar bittere Pillen wird er wohl verteilen.

[email protected]

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort