Bundesnetzagentur: Lage der Stromnetze ist kritisch

Bonn (dpa) - Das Stromnetz in Deutschland ist wegen der Energiewende und Verzögerungen beim Ausbau in einer kritischen Lage. Zwar sei die Versorgungsqualität weiter hoch, aber die Zahl kurzfristiger Abschaltungen und Eingriffe in das Netz habe sich stark erhöht, heißt es in dem am Dienstag vorgelegten Monitoring-Bericht der Bundesnetzagentur und des Bundeskartellamtes.

„Im Vergleich zum Vorjahr hat sich die Menge an Ausfallarbeit auf den verschiedenen Netzebenen mehr als verdreifacht“, heißt es in dem Bericht.

Spekulationen über einen drohenden Blackout im bevorstehenden Winter hat Netzagenturchef Jochen Homann aber bereits mehrfach zurückgewiesen. Die Netzbetreiber hätten sich ausreichend Reservekapazitäten gesichert. Das Volumen der sogenannten Kaltreserve liegt laut Bundesnetzagentur mit 2600 Megawatt sogar über dem errechneten Bedarf. Kritisch werden könnte es nach Auffassung von Fachleuten generell vor allem in Süddeutschland, wo der Strom der abgeschalteten Atomkraftwerke fehlt.

Der Bericht beklagt einen deutlichen Zeitverzug beim Ausbau des Netzes. Von insgesamt geplanten 1834 Kilometern Leitungen seien erst 214 Kilometer (knapp zwölf Prozent) realisiert. Im laufenden Jahr kämen ganze 35 Kilometer hinzu. Von 24 Neubauprojekten hätten 15 einen Zeitverzug von einem oder mehreren Jahren. Vielfach wenden sich Initiativen oder einzelne Bürger aus Angst vor Strahlenbelastung oder Wertverlust ihrer Grundstücke gegen neue Netze. Die Forderung nach Erdkabeln stößt aber für die Hochspannung der Stromautobahnen auf technische Probleme. Außerdem sind Erdkabel wesentlich teurer als Überlandleitungen.

Das Stromnetz steht durch die Energiewende unter Druck: Der Anteil des sehr unregelmäßig eingespeisten Wind- und Sonnenstroms ist deutlich gestiegen und wächst expansiv weiter. Gleichzeitig wurden stetig produzierende Atom- und Kohlekraftwerke abgeschaltet. Phasenweise ist - etwa bei starkem Wind - mehr Strom im Netz als verbraucht werden kann. Die Netzbetreiber müssen dann kurzfristig Anlagen abschalten. Fehlen Wind und Sonne, kann es andererseits zu gefährlicher Unterversorgung kommen.

Ein solcher Fall war während der Kältewelle im Februar 2012 aufgetreten. Die Betreiber mussten damals Reservekraftwerke aktivieren und Strom im Ausland zukaufen. „Der Ausfall eines weiteren größeren Kraftwerks hätte in dieser Situation nur schwer kompensiert werden können“, heißt es in dem Bericht.

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