Bundesbank sieht noch Risiken für deutsches Finanzsystem

Frankfurt/Main (dpa) - Schuldenkrise, Zinstief, Immobilienboom - die Bundesbank sieht nach wie vor erhebliche Risiken für Deutschlands Banken und Versicherer. „Wir können leider keine Entwarnung geben“, sagte Bundesbank-Vizepräsidentin Sabine Lautenschläger am Mittwoch in Frankfurt.

In ihrem Finanzstabilitätsbericht konstatiert die Notenbank: „Die Risiken für das deutsche Finanzsystem haben sich 2012 im Vergleich zum Vorjahr nicht verringert.“ Allerdings stünden viele Institute stabiler da als zu Beginn der Finanzkrise vor fünf Jahren. Als größte Bedrohung sehen die Aufseher weiterhin die Euro-Schuldenkrise. „Eine Verschärfung der Staatsschuldenkrise würde auch das deutsche Finanzsystem in Mitleidenschaft ziehen“, heißt es in dem Bericht. Deutschlands Banken hatten demnach zur Jahresmitte noch „erhebliche finanzielle Forderungen“ gegenüber den kriselnden Euro-Staaten Italien (103 Mrd Euro) und Spanien (99 Mrd Euro).

Im Inland blickt die Notenbank mit Sorge auf die Entwicklung am Markt für Häuser und Wohnungen. Zwar betonte Bundesbank-Vorstand Andreas Dombret: „Wir sehen im Moment keine Übertreibungen im deutschen Immobilienmarkt, auch nicht in den Ballungszentren.“ Die Preisentwicklung sei „noch nicht sehr besorgniserregend“.

Erfahrungen aus anderen Ländern zeigten jedoch, „dass es gerade in einem Umfeld niedriger Zinsen und hoher Liquidität zu Übertreibungen an den Immobilienmärkten kommen kann“, sagte Dombret. Kredite für „Betongold“ stehen laut Bundesbank für mehr als zwei Drittel der Verschuldung privater Haushalte in Deutschland.

Insgesamt sei das deutsche Bankensystem stabiler geworden, bilanzierte die Bundesbank: „Fünf Jahre nach Ausbruch der globalen Finanzkrise ist das deutsche Finanzsystem robuster geworden. Die Banken verfügen über mehr und qualitativ hochwertigeres Kernkapital.“

Die zwölf großen, international tätigen deutschen Institute steigerten ihre Kernkapitalquote im Mittel von 8,3 Prozent im ersten Quartal 2008 auf beinahe 13,6 Prozent Ende September 2012. Zudem verringerten die Institute Risiken - etwa in den Euro-Krisenstaaten - und zapften verstärkt stabilere Geldquellen wie Kundeneinlagen an.

Der Wettbewerb um Kunden könnte zu Fusionen zwingen. „Insgesamt stellt sich für die deutsche Kreditwirtschaft bei gestiegenen Kosten und härterem Wettbewerb die Frage, ob es in Deutschland ausreichend auskömmliches Geschäft für alle Banken gibt“, sagte Lautenschläger. Da sich keine Kreditklemme abzeichne, „sollte die Option einer Konsolidierung des deutschen Bankensektors kein Tabu sein“.

Sowohl Dombret als auch Lautenschläger bekräftigten, die aktuellen Probleme seien auf Dauer nicht mit Hilfe der Notenpresse zu lösen. „Geldpolitik kann Ursachen der Krise nicht beseitigen, sie kann nur Zeit verschaffen und auch diese Zeit gibt es nicht umsonst“, sagte Lautenschläger. Dombret warnte: „Die Nebenwirkungen der kurzfristigen Stabilisierung können sich mittel- bis längerfristig als Hypothek für die Finanzstabilität erweisen.“

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