Boykott der Milchbauern zugespitzt – Handel lenkt ein

Erste Kühlregale bleiben leer. Bauern und Einzelhandelsketten ringen in Gesprächen um eine schnelle Einigung.

Berlin. Der Kampf der Milchbauern für höhere Preise spitzt sich zu: Gestern blockierten wütende Landwirte zahlreiche Großmolkereien und verhinderten so die Anlieferung der Rohmilch und die Auslieferung von Frischmilch, Käse und Quark. Polizisten räumten Straßensperren. Nach Einschätzung des Milchindustrieverbandes wurde weniger als die Hälfte der sonst üblichen Milchmenge geliefert.

Gleichzeitig machte der Handel erstmals angesichts sich leerender Kühlregale einen Schritt auf die Milchbauern zu. Am Abend trafen sich Spitzenvertreter des Einzelhandelsverbandes HDE und der Bauern zu einem Gespräch über die Milchpreise in Köln. Am Sonntagabend hatten Vertreter der Bauern und Molkereien eine gemeinsame Marschroute festgelegt.

Deutschlands nach Edeka zweitgrößter Lebensmittelhändler Rewe zeigt sich angesichts der massiven Forderungen von Bauern nach einem höheren Milchpreis gesprächsbereit. "Die Rewe ist trotz bestehender Kontrakte bereit, mit den Molkereigenossenschaften zu sprechen", sagte ein Sprecher.

"Wir können nur hoffen, dass es bald zu einer Lösung kommt, die die Gesetze des Marktes nicht aushebelt, kartellrechtlich nicht zu beanstanden ist und zu fairen Preisen für Bauern und Verbraucher führt", ergänzte er. Edeka und Lidl planten bereits vor Tagen, die Bauern mit einem fairen Milchpreis zu besänftigen.

Selbst die Verbraucherlobby hat sich inzwischen hinter die Forderungen der Bauern gestellt. "Qualität hat ihren Preis", sagte der Vorsitzende des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen (vzbv), Gerd Billen. "Faire" Milchpreise müssten auch die Verteuerungen von Öl, Gas und Strom bei der Preisgestaltung im Blick behalten.

Seit vergangenen Dienstag protestieren Bauern mit einem Lieferboykott gegen aus ihrer Sicht zu niedrige Milchpreise. Die Landwirte fordern bundesweit einen Literpreis von 43 Cent. Derzeit werden je nach Region zwischen 27 und 35 Cent gezahlt.

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