Autobauer zittern vor weiterem Krisenjahr in Europa

Detroit (dpa) - Nach dem gemeisterten Krisenjahr 2012 zittern die deutschen Autohersteller schon vor den nächsten zwölf Monaten auf dem Heimatmarkt Europa.

Auf der Automesse im fernen Detroit ist die Krise für Deutschlands Automanager ständig präsent - da helfen auch die guten Nachrichten aus dem US-Markt nicht. Einhellig berichten die deutschen Auto-Bosse, dass das dicke Ende wohl erst noch komme.

Selbst die hochprofitable Sportwagenschmiede Porsche sorgt sich angesichts der anhaltenden Absatzflaute um ihre Gewinne. „Die Ergebnisbeiträge in Europa sind die höchsten. Deswegen reicht es nicht aus, das volumenseitig zu kompensieren“, sagte Porsche-Chef Matthias Müller der Nachrichtenagentur dpa auf der US-Branchenschau in Detroit, die stets das Jahr für die Autohersteller einläutet.

Der alte Kontinent treibt Müller Sorgenfalten auf die Stirn: „Ob wir jemals wieder die Zahlen von 2007 erreichen - ich glaube, da muss man in absehbarer Zeit skeptisch sein. Also in den nächsten ein, zwei, drei Jahren kommen wir in die Regionen, glaube ich, nicht mehr.“

Der zweitgrößte französische Autobauer Renault kündigte parallel zur Detroiter Messe in Paris an, wegen der Absatzkrise rund 7500 Stellen in Frankreich abzubauen. Die Jobs sollen bis Ende 2016 gestrichen werden. 5700 Stellen sollten mit dem Ausscheiden von Mitarbeitern wegfallen.

Daimler-Chef Dieter Zetsche sprach in Detroit von 2013 als zweitem „Übergangsjahr“ nacheinander. Premium-Rivale Audi traute sich nach Rekordverkäufen im vergangenen Jahr noch keine Prognose zu. Auch die Konzernmutter VW wollte noch keine neuen Bestmarken ankündigen. Einzig BMW rechnet schon jetzt mit einem Absatzwachstum im einstelligen Prozentbereich.

Auch die kriselnden Europa-Töchter von Ford und General Motors fürchten die Aussichten für den Markt, wollen sich aber mit neuen Modellen zumindest auf Vorjahresniveau behaupten. „Wir erwarten für 2013 einen Marktrückgang - für die gesamte Industrie - in Europa von etwa vier Prozent“, sagte Opel-Interims-Chef Thomas Sedran der dpa in Detroit. Unabhängig davon wolle das Unternehmen aber seinen Marktanteil in Europa mindestens verteidigen. „Der Schlüssel zum Erfolg in einem schwierigen Marktumfeld sind starke, neue Modelle.“

Konkurrenz bekommen die Rüsselsheimer dabei allerdings von Ford, die im selben Segment um Kunden buhlen. Der deutsche Ford-Chef Bernhard Mattes hofft nach dem Absatzeinbruch mit Milliardenverlusten 2012 in Europa in diesem Jahr zumindest auf eine Stabilisierung.

Ford erwartet nach früheren Schätzungen für 2012 in Europa einen Verlust von 1,2 Milliarden Euro, Opel sogar 1,4 Milliarden Euro. Um bis Mitte des Jahrzehnts wieder in die Gewinnzone zu fahren, schließen die beiden Konkurrenten Werke - drei sind es bei Ford, eines bei Opel. Tausende Stellen fallen weg.

Fiat-Chef Sergio Marchionne hingegen will den italienischen Autohersteller ohne weitere Werksschließung durch die europäische Absatzkrise steuern. Wenn die überschüssige Kapazität in Europa für die Produktion anderer Marken des Fiat-Chrysler-Konzerns genutzt werde, müsse keine Fabrik dicht gemacht werden, sagte Marchionne in Detroit. Die dazu notwendigen Umstellungen würden aber „sehr schmerzhaft“.

Und selbst für den als Heilsbringer gefeierten US-Markt ist gesunde Skepsis angezeigt: Volkswagens Nordamerika-Chef Jonathan Browning warnt vor überzogenen Erwartungen an das bis zuletzt gut gelaufene US-Autogeschäft. „Eine Branche, wo alle Hersteller davon ausgehen, dass es weiter boomt, neigt leicht zu Überkapazitäten.“ Das könne eine Rabattschlacht nach sich ziehen.

Im vergangenen Jahr waren die gesamten US-Autoverkäufe um 13 Prozent auf 14,5 Millionen Stück gestiegen. Browning rechnet für dieses Jahr mit einem moderaten Anstieg auf 15 Millionen. „Wir planen vorsichtig“, sagte er. „Es gibt andere Schätzungen über 15,5 Millionen, einige Leute rechnen sogar mit 16 Millionen verkauften Autos. Das können gefährliche Annahmen werden.“

Vor dem großen Crash im Jahr 2009 hatten vor allem die US-Autobauer ihre Produktion hochgefahren, dann brachen die Verkäufe ein und die Hersteller blieben auf ihren Wagen sitzen. General Motors und Chrysler mussten vom Steuerzahler gerettet werden, Ford schaffte es nur mit harten Einschnitten allein durch die Wirtschaftskrise.

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