Autobauer im Sog der Eurokrise

Wolfsburg/Paris/Stuttgart (dpa) - Die Absatzkrise in Europa hat die Autohersteller voll erwischt. Der US-Konzern Ford will sein Werk im belgischen Genk mit 4300 Mitarbeitern schließen. Der französische Autobauer PSA (Peugeot, Citroën) nimmt Milliarden-Staatshilfe für seine Finanztochter.

Daimler kassiert die Prognose für 2012. Und Branchenprimus Volkswagen berichtet über einen schrumpfenden operativen Gewinn.

Bei Daimler hieß es am Mittwochabend in Stuttgart: „Angesichts der deutlichen Verschlechterung des Marktumfelds in wichtigen Märkten in den vergangenen Monaten sowie einer Intensivierung des Wettbewerbs hat Daimler die Ergebniserwartungen angepasst.“

Ursprünglich hätten die Zahlen erst am Donnerstag kurz vor Börsenstart in Deutschland vorgelegt werden sollen. Eine E-Mail-Panne in den USA zwang zur früheren Mitteilung.

Daimler-Chef Dieter Zetsche rechnet noch mit einem operativen Ergebnis von ungefähr 8 Milliarden Euro, was knapp 9 Prozent unter Vorjahresniveau wäre. Die Schwaben wollen mit einem Sparprogramm gegensteuern. Unter dem Strich verdiente Daimler im dritten Quartal 11 Prozent weniger und kam auf 1,2 Milliarden Euro. Operativ blieben 1,9 Milliarden, was ein leichtes Minus von zwei Prozent ist. Die Umsätze stiegen merklich um 8 Prozent auf 28,6 Milliarden Euro.

VW steuert global betrachtet zwar weiter auf Rekordkurs bei Auslieferungen und Umsatz, doch der schwache Europa-Markt sowie Investitionen in neue Modelle drückten das operative Ergebnis im dritten Quartal um rund ein Fünftel auf 2,3 Milliarden Euro. Unterm Strich verdiente Volkswagen 11,3 Milliarden Euro (plus 59 Prozent) - allerdings ist ein Großteil davon auf die Komplettübernahme der Sportwagenschmiede Porsche zurückzuführen. Deren Zahlen waren nach der Integration Anfang August erstmals in der VW-Bilanz enthalten.

Frankreich sagte PSA Peugeot Citroën staatliche Garantien von bis zu sieben Milliarden Euro zu, um die Zukunft der auf Fahrzeugkredite spezialisierten Finanzsparte sicherzustellen. Außerdem wurde die geplante Zusammenarbeit mit der schwächelnden General-Motors-Tochter Opel konkretisiert. Wie der deutsche Autobauer leidet PSA unter der Abhängigkeit vom europäischen Markt. In der Autosparte sank der Umsatz im dritten Quartal um 8,5 Prozent, teilte der nach VW zweitgrößte europäische Hersteller am Mittwoch mit. Das Unternehmen hatte angekündigt, rund 8000 Jobs zu streichen und ein Werk bei Paris zu schließen. Dies stößt auf Widerstand der Gewerkschaften.

Peugeot, Citroën und Opel wollen künftig auf vier gemeinsamen Plattformen Vans, Mittelklasse-Autos sowie Kleinwagen bauen. Mit der Opel-Mutter GM war PSA Anfang des Jahres eine Allianz eingegangen. Durch die Kooperation sollen nach spätestens fünf Jahren jährlich zwei Milliarden Dollar (1,5 Mrd Euro) eingespart werden.

Unklar blieben die Auswirkungen auf die heutigen Standorte und Arbeitsplätze. Dazu gebe es noch keine Beschlüsse, sagte ein Opel-Sprecher in Rüsselsheim. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) sagte der Mainzer „Allgemeinen Zeitung“ (Donnerstag): „Rüsselsheim und Kaiserslautern stehen sicher nicht auf der Kippe.“ Die Beschäftigten der beiden Konzerne dürften nicht gegeneinander ausgespielt werden, erklärte Betriebsratschef Wolfgang Schäfer-Klug.

Ford will wegen der Absatzkrise seine Produktion am belgischen Standort Genk bis Ende 2014 stilllegen. Es soll mit den Arbeitnehmervertretern gesprochen werden, kündigte Ford Europe in Köln an. Betroffen wären rund 4300 Beschäftigte plus etwa 5000 Arbeitsplätze, die von dem Ford-Werk abhängen. Die Gewerkschaft CSC Metea sprach von einer „bitteren Pille für die gesamte Region“.

Der Autobauer wolle seine Produktion in Europa umbauen und damit auf den veränderten Markt reagieren, begründete Ford den Schritt. Künftig soll die Produktion der Modelle Ford Mondeo, S-Max und Galaxy nach Valencia in Spanien und von dort die Fertigung des C-Max und Grand C-Max nach Saarlouis im Saarland verlagert werden.

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