Athener Schuldenschnitt: „Einen Schritt vor dem Ende“

Athen/Berlin (dpa) - Griechenlands Regierung und Bankenvertreter haben ihre Gespräche über einen Schuldenschnitt am Samstag zunächst beendet. Wie ein Sprecher des Internationalen Bankenverbandes (IIF) erklärte, könnten die Gespräche „kommende Woche“ abgeschlossen werden.

Die privaten Gläubiger seien „nahe an einem Abschluß eines freiwilligen Schuldenschnitts“, hieß es in einer Erklärung des IIF. „Wir sind wirklich einen Schritt vor einer endgültigen Einigung. Wir werden nächste Woche dieses Verfahren vollenden“, sagte der griechische Finanzminister Evangelos Venizelos im Fernsehen nach dem Ende der Gespräche mit den Bankenvertretern.

Wie der IIF weiter erklärte, entspricht die anstehende Vereinbarung im Rahmen den Forderungen von Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker. Dieser will die Zinsen für neue Anleihen, die die alten griechischen Staatsanleihen ersetzen sollen, bei weniger als 3,5 Prozent ansiedeln. Die Banken sollen dem Vernehmen nach bislang 3,8 Prozent vorgeschlagen haben.

Am Samstagabend informierte der griechische Finanzminister Venizelos die Vertreter der sogenannten „Troika“ über die Verhandlungen mit den Bankenvertretern. Die Experten von EU, Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank (EZB) nehmen als eine Art unsichtbare Teilnehmer an den zähen Verhandlungen der Griechen mit den Banken teil.

Es gibt immer mehr Stimmen, die warnen, der angestrebte Schuldenerlass von 100 Milliarden Euro werde nicht reichen. Das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ berichtet, auf die Länder der Euro-Zone kämen im Rahmen des zweiten Rettungspakets für Griechenland neue Lasten zu. Nach Einschätzung der „Troika“ brauche das Land noch einmal zusätzlich rund 15 Milliarden Euro. Statt 130 Milliarden Euro, wie Ende Oktober vergangenen Jahres beschlossen, würden etwa 145 Milliarden Euro fällig. Grund sei die Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage in Griechenland. „Wir gehen nicht davon aus, dass man das fehlende Geld allein bei den privaten Gläubigern einsammeln kann“, zitiert das Magazin die Kontrolleure.

Die Bundesregierung hatte EU-Währungskommissar Olli Rehn noch am Freitag vorgeworfen, mit Aussagen über einen höheren Finanzbedarf in Griechenland unnötig Verwirrung zu stiften. Auch Rehn hatte gewarnt, der Forderungsverzicht privater Gläubiger werde für eine Lösung nicht ausreichen. Weitere staatliche Hilfen seien unausweichlich. Dazu hatte der deutsche Regierungssprecher Steffen Seibert erklärt: „Ich weiß nicht, was Herr Rehn weiß, was wir angeblich nicht wissen.“ Für Deutschland gelte das bewährte Verfahren, auf Grundlage des „Troika“-Berichts von EU, IWF und EZB die Entwicklung in Athen zu beurteilen.

Unterdessen wurden in Berliner Regierungskreisen Berichte bestätigt, es werde in der Euro-Gruppe diskutiert, Athen sollte für einen gewissen Zeitraum die Souveränität über seinen Haushalt abgeben. Die „Financial Times“ hatte berichtet, dafür solle ein Beauftragter der EU eingesetzt werden, der alle größeren Ausgaben Griechenlands überwache und ein Veto-Recht habe. Deutschland und weitere Länder forderten, die Haushaltskonsolidierung müsse unter strenge Kontrolle gestellt werden.

Athen reagierte am Samstag mit klarer Ablehnung. „Darüber wird nicht geredet“, hieß es aus Regierungskreisen. Zuständig für die Ausführung des Haushalts sei ausschließlich die Regierung in Athen, erklärte Regierungssprecher Pantelis Kapsis. Zuvor hatte bereits Bildungsministerin Anna Diamantopoulou betont: „Das sind keine ernstzunehmenden Vorschläge“. Es sei eine „krankhafte Fantasie, egal wer sie hat“, meinte sie weiter.

Auch die EU-Kommission wies die Forderungen nach einem europäischen Haushaltskontrolleur für Griechenland zurück. „Verwaltende Aufgaben müssen weiterhin voll in der Verantwortung der griechischen Regierung liegen, die gegenüber ihren Bürgern und Institutionen verantwortlich ist. Diese Verantwortung liegt auf ihren Schultern und so muss es bleiben“, teilte der Sprecher von EU-Währungskommissar Olli Rehn am Samstag in Brüssel mit.

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