Ankläger fordern im Kiener-Prozess lange Haftstrafe

Würzburg (dpa) - In einem der größten Prozesse um Anlagebetrug hat die Staatsanwaltschaft für den Hauptangeklagten Helmut Kiener am Donnerstag eine langjährige Haftstrafe verlangt.

Die Anklage sprach sich vor dem Landgericht Würzburg für 12 Jahre und 9 Monate Gefängnis aus - und blieb damit nur knapp unter der zulässigen Höchststrafe von 15 Jahren. Sein mutmaßlicher Komplize, ein 43 Jahre alter Fonds-Administrator, soll für viereinhalb Jahre in Haft.

Kieners Verteidiger bat für den mutmaßlichen Drahtzieher um Milde, ohne sich auf ein konkretes Strafmaß festzulegen. „Wir legen das in das Ermessen des Gerichts“, sagte Kiener-Anwalt Peter Möckesch. Eine Haftstrafe von fast 13 Jahre sei für den wegen Betrugs, Urkundenfälschung und Steuerhinterziehung angeklagten 51-Jährigen jedenfalls viel zu hoch, betonte der Jurist. Das Urteil soll an diesem Freitag fallen.

Nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft hat Kiener mit den von ihm aufgelegten Fonds zwischen 2001 und 2008 rund 5000 Anleger sowie zwei Großbanken um mehr als 300 Millionen Euro geprellt. Von dem Geld fehle jede Spur. Die Anleger hätten ihr Vertrauen in Kieners angeblich hochverzinsten Anlagen mit dem „Totalverlust“ ihres Kapitals bezahlt, sagte Staatsanwalt Martin Gallhoff.

Rund 20 Millionen Euro davon hätten Fondsvermittler der Banken kassiert, mit weiteren zweistelligen Millionenbeträgen habe Kiener seinen luxuriösen Lebensstil finanziert. So sei Geld der Anleger in zwei Privatjets, einen Hubschrauber, eine Jacht und eine Millionen-Villa in Florida geflossen.

Um an das Geld von Anlegern heranzukommen, bediente sich Kiener nach Einschätzung der Ermittler stets der gleichen Masche: Er habe Fonds angeboten und dabei Kunden mit unrealistisch hohen Renditen von 30 bis 40 Prozent angelockt. Anleger habe er regelmäßig mit getürkten monatlichen Gewinnmitteilungen über wachsende Verluste getäuscht. Ausgezahlte Gewinne habe er mit dem Geld neuer Anleger finanziert.

Das „System Kiener“ sei von Anfang an als Schneeballsystem konzipiert gewesen, von dem hauptsächlich Kiener selbst profitiert habe, sagte Anklagevertreter Gallhoff. Selbst, als mit der Finanzkrise 2009 die Pleite unabwendbar gewesen sei, habe Kiener Anleger weiterhin ermuntert, ihr Geld in seine Fonds zu stecken. Als besonders skrupellos wertete es Gallhoff, dass Kiener auch dann noch neue Fondsgelder sammelte, als die Pleite schon bevorstand.

Kieners Verteidiger traten vor allem dem Vorwurf entgegen, ihr Mandat habe „aus einer Mischung aus Großmannssucht und Größenwahn“ gehandelt. Kiener sei vielmehr ein versierter Finanzmanager, der 2001 nach enttäuschenden Erfahrungen mit Fonds anderer Anbieter beschlossen habe, eigene Fonds auf den Markt zu bringen. Dabei habe es sich um hochriskante Fondsbeteiligungen gehandelt, wie sie auch andere Hedgefonds darstellten, betonte Möckesch.

Dass Anleger im schlimmsten Fall mit dem Verlust ihres Kapitals rechnen müssten, darauf sei ausdrücklich in den Fondsprospekten hingewiesen worden. Die immer größer werdenden Verluste habe Kiener später wieder ausgleichen wollen. Der große Erwartungsdruck der Anleger habe ihn aber zum Weitermachen getrieben. Dass selbst Banken wie die britische Barclays Capital Bank und die französische BNP Paribas sich von Kiener hätten täuschen lassen, hänge mit der damaligen „Goldgräber-Stimmung“ zusammen, betonten die Anwälte.

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