Wirtschaft warnt London vor EU-Austritt

Berlin (dpa) - Die deutsche Wirtschaft hat vor einem möglichen Rückzug Großbritanniens aus der Europäischen Union (EU) gewarnt. Aus Sicht des Industrieverbandes BDI führt der europapolitische Kurs von Premierminister David Cameron geradewegs in die Sackgasse.

Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Hans Heinrich Driftmann, sagte am Mittwoch der Nachrichtenagentur dpa, London würde sich vor allem selbst schaden.

Der DIHK-Chef betonte zugleich: „Auch für uns wäre ein solcher Austritt mit Schmerzen verbunden. Immerhin ist das Land in den Top 5 unserer Handelspartner.“ Die Exportwirtschaft reagierte eher gelassen, die Privatbanken warnten vor einem gefährlichen Spiel mit dem Feuer. Cameron will die Briten bis spätestens 2017 über den EU-Verbleib abstimmen lassen.

Driftmann zufolge wären bei einem EU-Austritt Londons die Vorteile des Binnenmarktes weg. „Sie müssten eine Vielzahl neuer Handelsabkommen abschließen.“ Er setzt wie der Außenhandelsverband BGA auf Vernunft: „Ich hoffe daher, dass sich die Briten letztlich für die EU entscheiden.“

Der Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), Anton Börner, sagte: „Bis 2017 fließt noch viel Wasser die Themse hinunter.“ Ein EU-Austritt Großbritanniens - immerhin Deutschlands viertwichtigster Absatzmarkt weltweit - wäre „überaus bedauerlich aber verkraftbar“.

Mit großer Sorge würden in erster Linie die verheerenden Auswirkungen für die britische Wirtschaft und der enorme Bedeutungsverlust des Vereinigten Königreiches gesehen. „In dem heutigen Konzert der Weltmächte China und USA wird ein einzelner EU-Staat sich nicht behaupten können“, sagte der BGA-Chef.

Zugleich betonte Börner: „Hoffnung macht mir, dass gerade die junge Generation offensichtlich zur EU tendiert.“ Auch die britische Wirtschaft hätte bis zur Abstimmung ausreichend Zeit, die Vorteile herauszustellen und Politik und Bevölkerung davon zu überzeugen. „Dann allerdings voll oder gar nicht.“

Der Präsident des Bankenverbandes, Andreas Schmitz, verwies darauf, dass nur ein geeintes Europa auf internationaler Bühne ein starkes Europa sei. Ein Austritt könnte Errungenschaften des Binnenmarktes gefährden: „Wegen der großen Bedeutung des Finanzplatzes London wäre vor allem der Finanzsektor betroffen.“ Dies könne sich bei der Regulierung auswirken, die international möglichst einheitlich umgesetzt werden müsse.

BDI-Hauptgeschäftsführer Markus Kerber betonte: „Die deutsche Industrie wünscht sich ein in Europa aktives Vereinigtes Königreich.“ Großbritannien habe sich in Europa und weltweit als wichtiger Motor für offene Märkte erwiesen. Aber die EU-Mitgliedschaft sei vor allem auch im britischen Interesse. Dies habe der britische Partnerverband sehr deutlich gemacht.

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