Westerwelle-Debatte in FDP immer heftiger

Berlin (dpa) - Die Debatte in der FDP über die künftige Rolle von Parteichef Guido Westerwelle wird heftiger. Der linksliberale Flügel der Partei würde gerne Generalsekretär Christian Lindner anstelle Westerwelles an der Spitze der Partei sehen.

Der 32-jährige Parteimanager steht für einen solchen Wechsel aber derzeit nicht zur Verfügung, berichteten führende FDP-Vertreter der Nachrichtenagentur dpa in Berlin. Linder hatte am Dienstag die Debatte über einen raschen Atomausstieg angestoßen, der in der FDP immer mehr Anhänger findet.

Auch Gesundheitsminister Philipp Rösler, der oft als Westerwelle-Nachfolger im FDP-Vorsitz gehandelt wird, will bislang nicht Parteichef werden. Er habe sich dagegen schon beim Wechsel von der Landespolitik in Niedersachsen in das politisch als Schleudersitz geltende Amt des Bundesgesundheitsministers heftig gewehrt.

Die FDP-Führung gibt sich wegen der Debatte über Westerwelle nicht alarmiert: Das sei Teil der gewünschten Diskussion über die politische und personelle Erneuerung der Partei nach den verheerenden Wahlniederlagen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Am 11. April wollen Parteiführung und Landesvorsitzende konkrete Vorschläge machen. Sie sollen aber die Entscheidungen des Wahlparteitags der FDP Mitte Mai nicht zu sehr einschränken, heißt es. Mit Kampfabstimmungen sei zu rechnen.

Wirtschaftsminister Rainer Brüderle aus Rheinland-Pfalz und die Bundestags-Fraktionsvorsitzende Birgit Homburger haben bereits bekräftigt, dass sie ihre Spitzenämter in Berlin behalten wollen. Brüderle ist auch Partei-Vize, Homburger gewähltes Präsidiumsmitglied. Frei werden im FDP-Präsidium das Schatzmeister-Amt, weil Hermann Otto Solms nicht mehr antritt, und der Vize-Parteivorsitz von Andreas Pinkwart. Der früherer NRW-Landeschef strebt eine Hochschulkarriere an.

Nach den bisherigen Plänen soll Rösler stellvertretender Parteichef werden, während der neue NRW-Landeschef Daniel Bahr für ein Amt im Präsidium kandidieren wird. Als Schatzmeister ist Patrick Döring aus Hannover im Gespräch. Er zählt ebenfalls zu den Erneuerern in der Partei.

Auch der hessische Landesvorsitzende Jörg-Uwe Hahn strebt in das Führungsgremium. Er zählt zu den scharfen Westerwelle-Kritikern. Partei-Vize Cornelia Pieper will nur dann auf eine Wiederwahl verzichten, wenn ein Vertreter der Ost-FDP einen sicheren Platz an der FDP-Spitze bekommt.

Vorstandsmitglied Jorgo Chatzimarkakis, einer der Wortführer der Linksliberalen in der Partei, warb in verschiedenen Medien für Lindner als Nachfolger Westerwelles. „Lindner hat eine breite Mehrheit in der Partei“, sagte Chatzimarkakis dem „Berliner Kurier“ (Mittwoch). Im Magazin „Stern“ sagte er über Lindner: „Er kettet sich nicht sklavisch an die Union, wie es Westerwelle getan hat.“

Den Rückzug Westerwelles vom Parteivorsitz fordern offen vor allem Landesverbände der Jungliberalen. Auch Brüderle und Pieper seien nicht mehr tragbar. Der Chef der Saar-FDP-Landtagsfraktion, Christian Schmitt, forderte Westerwelle auf, sein Außenminister-Amt abzugeben und als Parteichef auch den Fraktionsvorsitz zu übernehmen.

Der frühere FDP-Bundesinnenminister Gerhart Baum sieht seine Partei in einer „Existenzkrise“. „Es droht eine Veränderung des deutschen Parteiensystems. Die FDP droht an den Rand geschoben zu werden“, sagte er im ARD-„Morgenmagazin“. Die Grünen „verdrängen die FDP als traditionell liberale Partei, ohne so konsequent liberal zu sein“, sagte Baum.

Im wöchentlichen Wahltrend von „Stern“ und RTL, der noch vor den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz erhoben wurde, verbesserten sich die Grünen um einen Punkt auf 21 Prozent. Die FDP klebt wie seit Monaten an der 5-Prozent-Grenze.

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