Wehrbeauftragter hält neue Auslandseinsätze für riskant

Berlin (dpa) - Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) trifft mit ihren Plänen für neue Bundeswehreinsätze in der Ostukraine und im Nordirak auf Skepsis.

Wehrbeauftragter hält neue Auslandseinsätze für riskant
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„Ich weiß nicht, wie bestimmte Einsätze gestemmt werden sollten, ohne dass wir noch weitere Überlastungen hinnehmen müssten“, sagte der Wehrbeauftragte Hellmut Königshaus den „Ruhr Nachrichten“. Es bestehe die Gefahr, dass die Bundeswehr in eine Abwärtsspirale gerate. „Einsätze im Nordirak und in der Ostukraine sind mit erheblichen Risiken verbunden.“

Von der Leyen hatte am Freitag die Verteidigungsexperten der Bundestagsfraktionen informiert, dass ein Ausbildungseinsatz im Nordirak und die Entsendung von Drohnen zur Überwachung der Waffenruhe in der Ostukraine geprüft würden.

Vom Koalitionspartner SPD kam Kritik an dem Vorgehen. „Ich habe den Eindruck, hier ist die Ministerin vorgeprescht, ohne internationale Abstimmung und ohne die rechtlichen Voraussetzungen zu prüfen“, sagte der SPD-Verteidigungspolitiker Rainer Arnold der „Saarbrücker Zeitung“. „Mehr Verantwortung übernimmt man jedenfalls nicht dadurch, dass man bei Themen, die noch gar nicht spruchreif sind, das Parlament und die Öffentlichkeit irritiert.“

In den vergangenen Wochen waren wegen Ausrüstungsmängeln bei der Bundeswehr Zweifel an der Einsatzfähigkeit der Streitkräfte aufgekommen. Von der Leyen erhielt am Nachmittag einen Expertenbericht zum Stand der neun größten Rüstungsprojekte, die zusammen etwa 50 Milliarden Euro kosten sollen.

Einen Widerspruch zwischen den Ausrüstungsmängeln und neuen Aufgaben im Ausland sieht die Ministerin nicht. Die Bundeswehr habe erhebliche Probleme, die bearbeitet werden müssten, sei aber auch gefordert, Verantwortung zu übernehmen. „Und genau diese Balance hinzukriegen, das ist jetzt meine Aufgabe“, sagte sie am Sonntagabend im ZDF.

Das Expertengutachten listet 140 Probleme und Risiken bei den größten Rüstungsprojekten der Bundeswehr auf. Die Ministerin hatte die Studie der Unternehmensberatung KPMG, der Ingenieurgesellschaft P3 und der Kanzlei Taylor Wessing selbst in Auftrag gegeben, weil sie mit der internen Kontrolle unzufrieden war. In den vergangenen beiden Wochen waren nach und nach auch massive Mängel und Pannen bei der bestehenden Ausrüstung der Bundeswehr bekanntgeworden.

Die Grünen nannten die Ergebnisse des Gutachtens „alarmierend“. „Um die zahlreichen Rüstungsdesaster zu beenden, muss Ministerin von der Leyen jetzt radikale Reformen in Angriff nehmen“, forderte die Sprecherin für Sicherheitspolitik, Agnieszka Brugger.

Die Experten warnen das Wehrressort vor einer schnellen Entscheidung für das Luftverteidigungssystem Meads als Nachfolgelösung für die altgedienten „Patriot“-Flugabwehrraketen, wie die „Süddeutsche Zeitung“ berichtete. Es seien „zu viele Fragen ungeklärt“. Meads wurde von den USA, Deutschland und Italien für mehr als 4 Milliarden Euro entwickelt. 2011 entschieden sich die Länder aber gegen eine Beschaffung. Wie es weitergeht, ist unklar.

Das Gutachten empfiehlt auch, die Skandal-Drohne „Euro Hawk“, deren Entwicklung 2013 gestoppt worden war, zu Testzwecken wiederzubeleben. Der SPD-Politiker Arnold ist dafür. „Das wäre die beste Lösung“, sagte er der „Rheinischen Post“. „Wir müssen das Ding zum Erfolg führen.“

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