Von Arztbesuch bis Zuschussrente - die Beschlüsse

Berlin (dpa) - Die schwarz-gelbe Koalition hat in der Nacht zum Montag eine Reihe lange umstrittener Vorhaben beschlossen, die die Bürger im Wahljahr um mehrere Milliarden Euro entlasten sollen. Ein Überblick über die wichtigsten Ergebnisse:

PRAXISGEBÜHR: Die 2004 eingeführte Praxisgebühr wird wieder abgeschafft. Die Zuzahlung von zehn Euro, die Kassenpatienten bei Arzt- und bei Zahnarztbesuchen bisher einmal im Vierteljahr entrichten müssen, soll zum 1. Januar 2013 entfallen. Damit werden gesetzlich Versicherte um rund zwei Milliarden Euro pro Jahr entlastet. Auf eine Senkung der Krankenkassenbeiträge wird verzichtet.

RENTE: Die Renten von Geringverdienern, die auch nach 40 Beitragsjahren und privater Zusatzvorsorge noch unterhalb der Grundsicherung liegen, sollen aus Steuermitteln aufgestockt werden. Allerdings soll die Obergrenze nur geringfügig - 10 oder 15 Euro - über dem Betrag der Grundsicherung liegen. Die Obergrenze orientiert sich am höchsten Grundsicherungssatz in Deutschland. Der Betrag differiert von Ort zu Ort und ist derzeit wohl mit knapp 830 Euro in Düsseldorf am höchsten. Die Aufstockungsgrenze dürfte also bei 840 oder 850 Euro liegen, vielleicht aber auch noch knapp darüber.

BETREUUNGSGELD: Die Leistung für Eltern, die ihre Kleinkinder nicht in eine Krippe geben, wird erst zum 1. August und nicht wie geplant zum 1. Januar 2013 eingeführt. Anfangs soll es für Kinder im zweiten Lebensjahr 100 Euro pro Monat geben, ab 1. August 2014 dann 150 Euro, und zwar auch für Kinder im dritten Lebensjahr. Der Plan, die Auszahlung des Betreuungsgeldes an die Wahrnehmung der ärztlichen Vorsorgeuntersuchungen zu knüpfen, wurde fallengelassen.

BILDUNGSSPAREN: Wer auf eine Barauszahlung des Betreuungsgeldes verzichtet und das Geld für die private Altersvorsorge oder die Ausbildung des Kindes anlegt, bekommt einen zusätzlichen Bonus von 15 Euro pro Monat. Mit dieser Form des Bildungssparens dürften laut FDP bis zum zwölften Lebensjahr des Kindes rund 3600 Euro zusammenkommen. Damit könne man die in einigen Bundesländern fälligen Studiengebühren bis zum Bachelor vollständig bezahlen, rechnet FDP-Chef Philipp Rösler vor.

VERKEHR: Die Koalition will im Haushalt für das kommende Jahr weitere 750 Millionen Euro für Verkehrsprojekte bereitstellen. Das Geld soll hauptsächlich in Neubauprojekte fließen, in Straßen, Bahn, Wasserwege und Flughäfen. Das Geld soll in diesem Jahr und gut zur Hälfte von 2013 an eingesetzt werden. Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) hatte bereits im November 2011 eine Extra-Milliarde für seinen Etat herausgehandelt.

HAUSHALT: Der Haushalt soll 2014 ohne Neuverschuldung auskommen - allerdings nur strukturell. Das heißt, Konjunkturschwankungen und Einmalzahlungen wie die 2014 fällige letzte Rate von 4,3 Milliarden Euro für den ESM werden beim Defizit herausgerechnet. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen Union und FDP 2013 ein Maßnahmenpaket von mindestens sechs bis sieben Milliarden Euro schnüren. Unter anderem soll der Bundeszuschuss für den Gesundheitsfonds gekürzt und das Gewinnausschüttungsverbot für die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) aufgehoben werden, die zuletzt Milliardenerlöse verbuchte.

ENERGIE: Das Erneuerbare-Energien-Gesetz, über das die Förderung von Wind- und Solarstrom geregelt wird, soll grundlegend reformiert werden. Ziel ist vor allem, den Strompreisanstieg zu begrenzen. Bei der Reform sollen auch die umstrittenen Industrie-Rabatte bei der Ökostromförderung auf den Prüfstand gestellt werden. Bis März 2013 will die Koalition Ergebnisse vorlegen.

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