US-Justiz, Quartalsbilanz, Rückruf: Hiobsbotschaften für Daimler

Washington/Stuttgart (dpa) - Kein guter Tag für Daimler: Erst drängt das US-Justizministerium die Stuttgarter zu einer internen Überprüfung, die Quartalsbilanz fällt durchwachsen aus - und schließlich ein Rückruf nach den Abgas-Nachmessungen des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA).

Der Autohersteller bietet für 247 000 Fahrzeuge in Europa freiwillig ein Software-Update an. In den USA ist Daimler nach Sammelklagen von der US-Regierung aufgefordert worden, eine interne Untersuchung über das Zustandekommen der Abgaswerte durchzuführen. „Selbstverständlich kooperieren wir vollumfänglich mit den Behörden“, sagte Finanzchef Bodo Uebber am Freitag in einer Telefonkonferenz.

Anders als bei Volkswagen, wo man nach dem Bekanntwerden der „Dieselgate“ genannten Affäre um manipulierte Abgaswerte rasch ein Geständnis abgab, weist Daimler Anschuldigungen zurück. Bislang fordert das US-Justizministerium auch nur Aufklärung und wirft dem Konzern kein Fehlverhalten vor. Allerdings haben Autobesitzer aus 13 US-Bundesstaaten Daimler wegen angeblichen Abgas-Betrugs verklagt.

Auch das US-Umweltamt EPA hatte in diesem Zusammenhang bereits Informationen aus Stuttgart verlangt. Uebber betonte erneut, dass Daimler die US-Zivilklagen für unbegründet halte und sich dagegen mit sämtlichen juristischen Mitteln zur Wehr setzen werde.

Konkret geht es dabei um den Zertifizierungsprozess zu Schadstoff-Emissionen in den USA. Hersteller müssen den Behörden jegliche Instrumente zur Abgaskontrolle offenlegen und genehmigen lassen, bevor sie dort Autos auf den Markt bringen können. Nachdem VW die Installation von „defeat devices“ genannten Manipulations-Programmen zum Austricksen von Emissionstests verschwiegen hatte, prüft die EPA schon länger auch andere Autobauer.

Noch ist es zu früh, um einschätzen zu können, ob Daimler auch annähernd mit dem VW-Debakel vergleichbare Probleme drohen. Das Justizministerium in Washington hält sich bedeckt. Es habe den Anschein, als ob es den Fall nicht so hoch aufhängen wolle wie bei Volkswagen, sagte Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach.

Anleger reagierten dennoch geschockt. Die Daimler-Aktien sackten im Handelsverlauf an der Börse um etwa sechs Prozent ab. Beim Unternehmen geht man auf Nummer sicher: Finanzchef Uebber gab sich am Freitag schmallippig, bat um Verständnis und wiederholte die Formulierungen aus der Pflichtmitteilung. Die Erfahrung mit den US-Behörden habe gezeigt, dass eine „konservative Kommunikation“ den konstruktiven Dialog mit den Behörden unterstütze.

Daimler hat durchaus Erfahrung mit den US-Behörden. Der Autokonzern hatte 2010 nach einer Schmiergeld-Affäre einen Vergleich mit dem Justizministerium und der US-Börsenaufsicht SEC geschlossen.

Die US-Überprüfung ist nicht die erste Untersuchung wegen überhöhter Abgaswerte, der Daimler sich - wie andere Autohersteller - nach dem VW-Skandal stellen muss. Neben dem KBA stellen auch andere Behörden Nachprüfungen an.

Umweltverbände wie die Deutsche Umwelthilfe werfen dem Autobauer vor, dass die Stickoxid-Werte von Dieselmodellen zwar auf dem Prüfstand die zulässigen Grenzen einhalten, im realen Fahrbetrieb auf der Straße aber um ein Vielfaches darüber liegen. Der Verein reichte eine Unterlassungsklage wegen Verbrauchertäuschung vor dem Landgericht Stuttgart ein (Az.: 34 O 21/16 KFH).

Daimlers Quartalsbilanz fiel durchwachsen aus. Hohe Anlaufkosten für die neue E-Klasse drückten auf den Gewinn im ersten Jahresviertel. Außerdem entwickelte sich das Lkw-Geschäft unter anderem wegen der schwierigen Lage in Brasilien schwächer als erwartet.

Unterm Strich verdiente der Konzern trotz eines deutlichen Absatzzuwachses mit 1,4 Milliarden Euro fast ein Drittel weniger als im Vorjahreszeitraum. Der Umsatz stieg um zwei Prozent auf 35 Milliarden Euro.

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