Syriens Opposition laufen die bewaffneten Revolutionäre weg

Istanbul (dpa) - Während die syrische Opposition in New York um internationale Unterstützung ringt, verweigern ihr daheim an der Front immer mehr Rebellen die Gefolgschaft.

Hauptmann Amar al-Wawi, ein führendes Mitglied der von Deserteuren gegründeten Freien Syrischen Armee (FSA), kündigte der Nationalen Syrischen Allianz und dem FSA-Generalstab im Namen von Brigaden aus mehreren Provinzen die Gefolgschaft auf. Er sagte, die im Ausland lebenden Oppositionellen hätten die Anliegen der FSA-Kämpfer zu wenig beachtet. Am Freitag sagten sich mit einer ähnlichen Begründung auch sieben Brigaden aus der südlichen Provinz Daraa von der Allianz los.

Die Allianz hatte zuvor bereits angekündigt, ihr Vorsitzender Ahmed Al-Dscharba wolle bald in der Provinz Aleppo das Gespräch mit abtrünnigen Kommandeuren suchen. Denn Mitte der Woche hatten in Aleppo bereits 13 Brigaden mit islamistischem Hintergrund erklärt, die Allianz spreche nicht in ihrem Namen. Zu ihnen gehörte auch die radikale Al-Nusra-Front und Brigaden, die vom Golfemirat Katar unterstützt werden.

Al-Dscharba hatte bei einem Treffen der sogenannten Syrien-Freundesgruppe erklärt, die Entstehung radikaler Islamistenbrigaden sei das Ergebnis der Strategie des Regimes von Präsident Baschar al-Assad. Dessen Ziel sei es, „aus der Revolution einen Konflikt zwischen den verschiedenen Religionsgruppen zu machen“. Assad gehört, wie viele Mitglieder des Sicherheitsapparates, zur religiösen Minderheit der alawitischen Muslime. Die meisten Regimegegner sind Sunniten.

Während die Gespräche über die geplanten Friedensverhandlungen weiterlaufen, bringen Saudi-Arabien, die Türkei und Frankreich auf diskrete Weise Ex-Funktionäre des Regimes als mögliche Führungspersönlichkeiten für eine Übergangszeit ins Spiel. Die Zeitung „Le Figaro“ hatte am Donnerstag berichtet, der frühere Verteidigungsminister Ali Habib habe sich nach Frankreich abgesetzt. Habib ist bislang der ranghöchste Alawit, der dem Regime den Rücken gekehrt hat.

Das Königreich Saudi-Arabien unterstützt nach Angaben aus Oppositionskreisen Ex-Ministerpräsident Riad Hedschab. Angeblich sollen die Saudis sogar ein halbes Jahr lang alle Hilfen für die Allianz eingestellt haben, weil sich diese geweigert hatte, Hedschab zum Ministerpräsidenten einer Übergangsregierung zu ernennen.

Für Wut und Betroffenheit sorgt unterdessen der Fall der 16 Jahre alten Rawan Kadah. Das Mädchen hatte am vergangenen Sonntag im staatlichen syrischen Fernsehen berichtet, ihr Vater habe sie gezwungen, mit islamistischen Kämpfern Sex zu haben. Die Organisation Syrischer Menschenrechtsbeobachter widersprach dieser Darstellung und erklärte, das Mädchen sei im vergangenen November von den Regierungstruppen an einer Straßensperre verschleppt und offensichtlich durch Folterungen zu dieser Falschaussage gezwungen worden. Sie forderte internationale Organisationen auf, dafür zu sorgen, dass dieses Mädchen Syrien verlassen kann.

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