Stichwort: Praxisgebühr

Berlin (dpa) - Die Praxisgebühr sollte die Patienten dauerhaft von verzichtbaren Arztbesuchen abhalten - sie tat es nicht. Rund 18 Mal pro Jahr gehen die Bundesbürger im Schnitt zum Arzt.

Weniger als die Hälfte ist in anderen EU-Ländern normal. Nun soll die Gebühr, die die Krankenkassen entlastet, hierzulande wieder abgeschafft werden.

Seit Anfang 2004 werden für gesetzlich Versicherte in jedem Quartal beim ersten Gang zum Arzt 10 Euro in bar fällig. Beim Zahnarzt und Psychotherapeuten müssen separate Praxisgebühren bezahlt werden. Für Vorsorge oder Kontrollen beim Zahnarzt wird das Geld nicht kassiert. Kinder und Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr sind von der Praxisgebühr befreit.

Die langfristige Wirkung der Gebühr ist schwer zu erfassen. Einer Studie von 2007 zufolge gingen die Facharztbesuche ohne Überweisung nach 2004 stark zurück - die mit Überweisung schnellten von knapp 60 auf mehr als 80 Prozent der Facharztbesuche in die Höhe. Unterm Strich änderte sich die Zahl der Facharztbesuche aber nicht wesentlich. Allerdings hatte diese Versichertenbefragung auch zum Ergebnis, dass 14 Prozent der Wohlhabenderen infolge der Gebühr Arztbesuche vermeiden. Bei sozial Schwächeren sind es 22 Prozent.

Einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung zufolge gab es keinen deutlichen Rückgang bei den Arztbesuchen durch den Aufschlag. Dafür verzichtet nach einer Forsa-Umfrage von 2009 jeder Zehnte auf Vorsorge und Früherkennung, weil die Betroffenen fälschlicherweise annehmen, auch dafür eine Gebühr zahlen zu müssen.

Die Einnahmen belaufen sich auf knapp zwei Milliarden Euro pro Jahr. Die gesetzliche Krankenversicherung - also die einzelnen Kassen und der Gesundheitsfonds - dürfte bis zum Jahresende Finanzreserven von rund 29 Milliarden Euro anhäufen. Während die Ärzte, zuständig für das Einbehalten der Gebühr, massiv für ein Ende des Aufschlags warben, wandten sich die Krankenkassen wegen möglicher künftiger Finanzlöcher strikt dagegen.

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