Schweiz bedauert Ablehnung des Steuerabkommens

Bern (dpa) - Regierung und Wirtschaftsverbände der Schweiz haben die Ablehnung des deutsch-schweizerischen Steuerabkommens durch die rot-grüne Mehrheit im Bundesrat einhellig bedauert. Bankenvertreter kritisierten eine aus ihrer Sicht politisch motivierte Blockade seitens der Opposition.

Die Finanzministerin und turnusmäßig amtierende Regierungschefin Eveline Widmer-Schlumpf äußerte die Hoffnung, dass es doch noch eine Kompromisslösung im Vermittlungsschuss gibt.

„Noch ist das Verfahren in Deutschland nicht abgeschlossen“, erklärte Widmer-Schlumpf, die das Abkommen mit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ausgehandelt hatte. Die Schweiz sei „nach wie vor bereit, mit Deutschland den Ratifizierungsprozess zu einem erfolgreichen Abschluss zu führen“. Abzuwarten bleibe das Resultat möglicher Beratungen im Vermittlungsausschuss aus Bundestag und Bundesrat.

Widmer-Schlumpf wies zugleich darauf hin, dass ähnliche Steuerabkommen der Schweiz mit Großbritannien und Österreich auf jeden Fall am 1. Januar 2013 in Kraft treten werden. Zudem führe ihr Land derzeit Verhandlungen mit Italien und Griechenland über entsprechende Abkommen. Weitere Länder inner- und außerhalb Europas seien ebenfalls an Abkommen nach demselben Modell interessiert.

Die Schweizerische Bankiervereinigung (SBV) erklärte, die Ablehnung sei sachlich nicht nachvollziehbar und „aus rein innenpolitischen Gründen erfolgt“ sei. „Damit hat der deutsche Bundesrat eine große Chance verpasst, eine für alle Seiten faire, optimale und nachhaltige Lösung zu verabschieden, um die bilateralen Steuerprobleme abschließend zu regeln.“

Unabhängig davon werde die Schweizer Finanzwirtschaft entschieden ihre bereits vor Jahren begonnene Neupositionierung vorantreiben „und in Zukunft nur steuerkonforme Vermögen akquirieren und verwalten“. An eine Aufgabe des Schweizer Bankgeheimnisses ist der Erklärung zufolge jedoch weiterhin nicht gedacht. Ählich äußerte sich die Vereinigung Schweizerischer Privatbankiers (VSPB): „Wir sind das Nebenopfer einer innenpolitischen Debatte im Wahlkampf in Deutschland“, sagte Geschäftsführer Michel Dérobert der Schweizerischen Depeschenagentur sda.

Die Schweizer Großbank UBS sieht in dem Abkommen nach eigenen Angaben eine gute Möglichkeit, Deutschland dabei zu unterstützen, sein Recht auf Besteuerung seiner Bürger durchzusetzen. Gleichzeitig würde es „Rechtssicherheit für unsere Kunden, Kundenberater, und die Bank“ bringen.

Der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse erklärte, das Abkommen könne für alle Seiten Vorteile bringen und Streitigkeiten der Vergangenheit beenden. „Bleibt es definitiv beim Nein, trägt Deutschland die Verantwortung für das Scheitern des Abkommens.“ Die Handelskammer Deutschland-Schweiz erklärte, ein jahrelanger Streitpunkt zwischen beiden Ländern hätte mit dem Abkommen beigelegt werden können. Eine erneute Belastung des bilateralen Verhältnisses durch künftige Ankäufe vertraulicher Bankdaten seitens deutscher Behörden wäre vermieden worden. „Die Handelskammer ruft dazu auf, die letzte Chance auf ein Zustandekommen des Steuerabkommens im Vermittlungsausschuss zu nutzen.“

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