Porträt: Berlusconi - Europas „Enfant terrible“

Rom (dpa) - Er war das „Enfant terrible unter den europäischen Spitzenpolitikern. Im vergangenen Jahr trat Silvio Berlusconi sang- und klanglos als italienischer Regierungschef ab - im Parlament ohne Mehrheit und bedrängt von Affären und Prozessen.

Erst am Mittwoch gab der 76-Jährige seine Ambitionen für eine Rückkehr in die Politik als Spitzenkandidat bei der nächsten Parlamentswahl endgültig auf. Nun droht ihm sogar der Gang ins Gefängnis, sollte das in erster Instanz gesprochene Urteil im Mailänder Betrugsprozess rechtskräftig werden.

Stets im Zwist mit der Justiz und verfolgt von Sexgeschichten konnte sich der Skandalpremier jahrelang politisch erfolgreich behaupten. Erst die letzten Skandale zu Zeiten der Wirtschaftskrise wurden dem umstrittenen Regierungschef zum Verhängnis. Nach seinem Abgang wurde Berlusconi vor kurzem noch nachgesagt, Staatspräsident werden zu wollen. Geht es nach den Mailänder Richtern, darf er nun sogar für fünf Jahre keine öffentlichen Ämter mehr bekleiden.

Der Sohn eines Bankangestellten kann auf einen beachtlichen Werdegang blicken. Vom Entertainer auf Kreuzfahrtschiffen brachte es der studierte Jurist schließlich zu einem Milliardenvermögen. Mit der Gründung neuer Parteien und Formationen gelang es dem gelifteten Medienmogul in zwei Jahrzehnten, zum Frontmann des rechten Lagers zu werden - lange Zeit fast unangefochten. Untermauern konnte Berlusconi seine Macht mit seinem Medienimperium.

Berlusconi hat nahezu zwei Jahrzehnte lang den Stiefelstaat politisch geprägt. 3340 Tage hat Berlusconi im Regierungspalast Chigi verbracht, alles in allem so lange wie kein anderer in der Geschichte der italienischen Republik.

Seine Sexskandale konterte der gebürtige Mailänder in der Regel mit saloppen Sprüchen über seine Potenz. Italien wurde dadurch international zum „Bunga-Bunga“-Land abgestempelt. Nach dem Urteil im Betrugsverfahren hat er auch noch den sogenannten Ruby-Prozess am Hals, in dem es um Sex mit minderjährigen Prostituierten und Amtsmissbrauch geht.

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