Tengelmann-Chef Online-Handel statt Supermarkt: Karl-Erivan Haub

Mülheim/Ruhr (dpa) - Als eine seiner herausragenden Eigenschaften hat Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub in einem Fragebogen einmal angegeben: „In Krisensituationen Ruhe bewahren zu können.“

Tengelmann-Chef: Online-Handel statt Supermarkt: Karl-Erivan Haub
Foto: dpa

Eine Fähigkeit, die dem 56-jährigen Unternehmer in diesen Tagen zugute gekommen sein dürfte. Bei Kaiser's Tengelmann geht es für Haub nicht nur um viel Geld, sondern auch um seinen Ruf als Unternehmer.

Denn Haub ist mitverantwortlich für das Debakel rund um Kaiser's Tengelmann. Als er vor einigen Jahren beschloss, auch die letzten Verbindungen der milliardenschweren Unternehmerfamilie zum klassischen Lebensmittelhandel zu kappen, setzte er frühzeitig auf einen Komplettverkauf der Supermarktkette an Konkurrent Edeka.

Dabei war von Anfang an absehbar, dass der Verkauf ausgerechnet an Deutschlands größte Lebensmittelhandelskette das Bundeskartellamt auf den Plan rufen musste. Und auch als die Wettbewerbsbehörde ihr Veto einlegte, blieb er bei seinem Plan - statt mögliche andere Käufer zu suchen.

Tatsächlich ist der am 2. März 1960 in Tacoma im US-Bundesstaat Washington geborene Sohn des Unternehmers Erivan Haub niemand, der Konflikten aus dem Weg geht. Seitdem er Ende der 1990er-Jahre in einer für das Familienunternehmen schwierigen Zeit die Führung übernahm, hat er Tengelmann drastisch umgebaut.

Sein Vater hatte das Familienunternehmen aus Mülheim nicht zuletzt durch Zukäufe zum größten deutschen Lebensmittel-Filialisten gemacht. Doch verschleppte Modernisierungen führten die Firma in die Krise. Haub griff mit harter Hand durch, verkaufte die Großflächenanbieter Grosso und Magnet, gab die Discount-Tochter Plus gegen eine Minderheitsbeteiligung an die Edeka-Tochter Netto ab und schrumpfte die Supermarktkette Kaiser's Tengelmann vom bundesweiten Anbieter zum Regionalversorger.

Doch beschränkte sich Haub, der nach einer Einzelhandelslehre an der Elite-Hochschule in St. Gallen Wirtschaftswissenschaften studierte und zeitweise auch für den Unternehmensberater McKinsey arbeitete, nicht darauf, das Familienimperium zurechtzustutzen.

In seine Ära fällt auch der Aufstieg des Textil-Discounters Kik, die Aufstockung der Mehrheitsbeteiligung an der Baumarktkette Obi und der Einstieg des Familienunternehmens in den E-Commerce.

Gerade im Online-Handel übernahm Haub eine Vorreiterrolle im deutschen Einzelhandel. Zum Tengelmann-Portfolio gehören heute Beteiligungen an Zalando, Delivery Hero und Uber, aber auch Onlinehändler wie babymarkt.de und GartenXXL.de. Für Haub steht fest: „Die Läden werden nicht verschwinden. Aber nur die Stärksten werden überleben.“

Privat scheut der Unternehmer die Öffentlichkeit. Meistens jedenfalls. Doch manchmal mischt er sich auch ein. Etwa im Bundestagswahlkampf 2013, als Tengelmann mit großen Zeitungsanzeigen für Angela Merkel warb. „Ich hab die Anzeigen aus Überzeugung geschaltet“ sagte Haub später. „Mir ging es darum, die konservative Kraft zu stärken. Das ist auch gelungen.“

Der Niedergang von Kaiser's Tengelmann gehe ihm nahe, beteuert der Unternehmer. Vielleicht habe er zu lange mit dem Verkauf gezögert. „Ich bin halt kein eiskalter Portfolio-Manager, der sich leichtfertig von etwas trennt, wenn es nicht läuft“, sagte er in einem Interview.

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