Mutter von toter Kadettin: Kapitän soll zurücktreten

Hameln (dpa) - In der Affäre über eine angebliche Meuterei auf dem Schulschiff „Gorch Fock“ nach einen tödlichen Unfall verlangt die Mutter der gestorbenen Kadettin von der Bundeswehr Konsequenzen.

„Ich fordere, dass der Kommandant Schatz seinen Hut nimmt und die „Gorch Fock“ eingemottet wird“, sagte die Frau aus Bodenwerder der „Deister- und Weserzeitung“ in Hameln (Freitag). In den vergangenen zwölf Jahren habe es auf dem Schiff insgesamt sechs Tote gegeben. Der Sturz der Offiziersanwärterin aus der Takelage der „Gorch Fock“ Anfang November müsse so rasch wie möglich aufgeklärt werden. Die Marine habe nähere Informationen aber bislang verweigert.

„Meine Tochter fällt da nicht einfach runter“, sagte die Mutter der Zeitung. Vor dem Zwischenfall, der Mitglieder der Schiffs-Crew angeblich gegen Vorgesetzte aufbegehren ließ, seien die Offiziersanwärter vermutlich übermüdet und unter Zeitdruck in die Takelage geschickt worden. Die Führung auf der „Gorch Fock“ habe versagt. „Das hätten verantwortungsbewusste Vorgesetzte doch merken und sagen müssen. Ich klage jetzt an.“

Sie sei den Kollegen ihrer gestorbenen Tochter „richtig dankbar, dass sie den Mut gefunden haben, sich aufzulehnen gegen das, was da auf dem Schiff alles passiert“. In einem Brief des Wehrbeauftragten Hellmut Königshaus war zuletzt von sexueller Belästigung, psychischem Druck und Drohungen gegen Offiziersanwärter auf der „Gorch Fock“ die Rede. Eine Untersuchungskommission soll die Vorwürfe an die Vorgesetzten auf dem derzeit in Argentinien liegenden Schiff klären.

Auch die Eltern einer vor Jahren auf der „Gorch Fock“ tödlich verunglückten Soldatin meldeten sich zu Wort. Die Mutter der jungen Frau, die 2008 auf dem Segelschulschiff starb, forderte eine Wiederaufnahme der Untersuchungen.

„Ich möchte, dass die Ermittlungen im Fall Jenny noch mal aufgenommen werden“, sagte Marlis Böken der „Mitteldeutschen Zeitung“ (Freitag) angesichts der Berichte über schwere Konflikte zwischen Stammbesatzung und Offiziersanwärtern. „Und ich frage mich natürlich, ob bei den Ermittlungen zum Todesfall unserer Jenny nicht auch Druck ausgeübt und den Soldaten gesagt worden ist: „Ihr sagt nur das, was wir möchten.““

Auch der Vater verlangte in der „Aachener Zeitung“ (Freitag) neue Ermittlungen. Die Staatsanwaltschaft Kiel und die Generalstaatsanwaltschaft Schleswig hätten das jedoch abgelehnt, sagte Uwe Böken dem Blatt. Aus seiner Sicht enthält der Bericht der Staatsanwaltschaft Unstimmigkeiten. Er wolle sich nun an den Wehrbeauftragten Hellmut Königshaus wenden, schreibt das Blatt weiter.

Die junge Offiziersanwärterin war im September 2008 aus ungeklärten Gründen von Bord des Segelschulschiffs „Gorch Fock“ gestürzt. Erst nachdem die Suche nach der 18-Jährigen abgebrochen worden war, hatte die Besatzung eines Fischerei-Aufsichtsboots die Leiche entdeckt und geborgen.

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