Mehrheit sieht Wulff durch Affäre dauerhaft beschädigt

Berlin (dpa) - Fast drei Viertel der Bürger halten Bundespräsident Christian Wulff durch seine Kredit- und Medienaffäre für dauerhaft beschädigt.

Nach dem am Freitag veröffentlichten ZDF-Politbarometer sind 72 Prozent der Befragten dieser Ansicht. Dennoch sprechen sich in der repräsentativen Umfrage 50 Prozent für seinen Verbleib im Amt aus, 44 Prozent sind für seinen Rücktritt.

CDU-Generalsekretär Herrmann Gröhe bekräftigte am Freitag noch einmal seine Unterstützung für Wulff. Dem Sender NDR Info sagte Gröhe, es sei nicht leicht, nach den letzen Wochen erschüttertes Vertrauen zurückzugewinnen. „Ich traue es ihm zu und wünsche es ihm von Herzen. Ich glaube auch, dass es gut für unser Land wäre, und dass viele in unserem Land sagen, dass er eine zweite Chance verdient.“

Die „Bild“-Zeitung berichtete am Freitag über eine Urlaubsreise Wulffs in die USA im April 2007. Danach sollen der damalige niedersächsische Ministerpräsident, seine heutige Ehefrau Bettina und deren Sohn während des Rückfluges von Miami nach Frankfurt ein Upgrade von der Economy-Class in die Business-Class erhalten haben. Für dieses Upgrade hätte Wulff laut „Bild“ 210 000 Bonusmeilen verrechnen müssen, die er hätte privat erworben haben müssen. Dies entspräche über 400 Economy-Flügen von Hannover nach München. Im Streit um die Offenlegung von Medienanfragen an den Bundespräsidenten und seine Anwälte sind erste Zeitungen mit umfangreichen Veröffentlichungen vorgeprescht. Die Springer-Blätter „Die Welt“ und „Welt am Sonntag“ stellten am Donnerstagabend ihren umfangreichen Fragenkatalog sowie die Antworten von Wulffs Anwälten und der BW-Bank, die Wulff bei seiner umstrittenen Hausfinanzierung half, in das Internet. In einer Erklärung hieß es, die Zeitungen machten von ihrem Recht am eigenen Wort Gebrauch.

Wulff steht wegen eines Privatkredits für sein Eigenheim, kostenloser Urlaube bei Freunden aus der Wirtschaft und seines Umgangs mit den Medien seit einem Monat in der Kritik. Zuletzt konzentrierten sich die Vorwürfe darauf, dass Wulff vor gut einer Woche in seinem Fernsehinterview Transparenz angekündigt und gesagt hatte: „Morgen früh werden meine Anwälte alles ins Internet einstellen. Dann kann jede Bürgerin, jeder Bürger jedes Detail zu diesen Abläufen sehen und bewertet sehen, auch rechtlich.“

Wulffs Anwalt Gernot Lehr hatte die Veröffentlichung aller Informationen aber abgelehnt. Eine Offenlegung der Antworten auf die Anfragen von Journalisten verletze deren Recht am eigenen Wort und am Schutz ihrer Rechercheergebnisse oder -ziele, hatte der Jurist argumentiert. Der Kölner Medienrechtsprofessor Rolf Schwartmann teilte in einem dpa-Gespräch diese Auffassung.

Die nun auf „Welt Online“ veröffentlichte umfangreiche Auflistung enthält weitgehend bekannte Angaben über das Zustandekommen von Wulffs Privatkredit bei Edith Geerkens. Wulff hatte 2008, als er noch Ministerpräsident war, bei der befreundeten Unternehmergattin 500 000 Euro geliehen und den Privatkredit später mit Hilfe der BW-Bank abgelöst. Auf die Frage, was der Präsident über die Herkunft des Geldes von Geerkens wisse, antworte Anwalt Lehr der „Welt“ zufolge: „Herr Wulff wusste, dass Frau Edith Geerkens vermögend ist.“

Viele Fragen und Antworten drehen sich auch um die Ablösung des Privatdarlehens durch „ein rollierendes Geldmarktdarlehen“ bei der BW-Bank 2010 zu günstigeren Zinsen sowie die Umwandlung in ein langfristiges Darlehen Ende 2011. Wulffs Anwälte wie auch die Bank widersprachen Vorhaltungen, bei den Finanzgeschäften sei Wulff in den Genuss außergewöhnlicher günstiger Konditionen gekommen. Auch diese Details wurden bereits in Medien erörtert.

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